: berliner szenen Im Prinzenbad
Letzte Sommertage
Wir hatten gedacht, das Prinzenbad habe schon seit dem 1. September geschlossen, freuten uns darüber, dass es noch auf war, und als wir hineingingen, dachten wir wieder: Was für ein Unsinn – da sitzt jemand an der Kasse und verkauft einem eine Eintrittskarte, die man dann in diese Maschine stopft, neben der fast immer jemand steht, weil sie nicht funktioniert. Wenn die Karte an der Kasse entwertet werden würde, hätte man sich die teure Einlasskartenentwertungsmaschine nebst der Einlasskartenentwertungsmaschinenfachkraft doch sparen können. Aber Anfang September ist einem alles egal. Und das Licht ist am besten am Ende des Sommers, und am hellsten ist es am Ende des Tages, wenn man auf der Terrasse des Prinzenbads sitzt in der Sonne und sich die Sonne zugleich im Wasser spiegelt. Das war einem jahrelang ja nicht klar gewesen, dass es hier am schönsten ist, dass es unsinnig ist, auf der Wiese zu sitzen und ab und zu Bahnen zu schwimmen.
Zu meinen, man müsse schwimmen, weil man so viel Geld bezahlt hat, ist doch ein geiziger Zwangsgedanke. Vielmehr geht es darum, auf der Terrasse auf dem Handtuch in der Sonne zu sitzen, zu lesen, an den Becken spazieren zu gehen und diesen kleinen Regenbogen unter der Kaltdusche anzustaunen. Es gibt keinen anderen Ort in Kreuzberg, an dem man so schön am Abend in der Sonne sitzen kann. Wie sehnsüchtig klingen doch die Schwimmgeräusche, und die Menschengeräusche sind zurückhaltend, denn die Ferienkinder sind nicht mehr da. So gibt es kaum noch Arschbomben. Der Herbst beginnt mit den Ansagen: Papiersammler bitte alle ans Garagentor! Und nachdem der Bademeister sagte: Bitte verlassen Sie die Wasserfläche, war es Winter. DETLEF KUHLBRODT