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Archiv-Artikel

Neues Video von Bin Ladens Vize

KAIRO taz ■ Das Wort zum Jahrestag des 11. September hat bei al-Qaida Tradition. Diesmal meldete sich der angeblich zweite Mann des Netzwerks, der Ägypter Aiman Zawahiri, zu Wort. Der Fernsehsender al-Dschasira strahlte Auszüge eines Videobands aus, in dem der 53-Jährige weniger vor konkreten Anschlägen warnt, sondern eher die Weltlage aus Sicht al-Qaidas analysiert. „Die amerikanische Niederlage im Irak ist, so Gott will, nur noch eine Frage der Zeit. Die Mudschaheddin haben die US-Pläne auf den Kopf gestellt, besonders nachdem die Schwäche der irakischen Übergangsregierung offensichtlich geworden ist“, erklärte Zawahiri mit ruhiger Stimme.

Mit der üblichen Kalaschnikow an seiner Seite, in blütenweißem Hemd und Turban, gibt sich Zawahiri selbstsicher. In Sachen Afghanistan urteilt er ebenfalls über die dort operierenden US-Truppen vernichtend. Im Osten und Süden des Landes könnten die Mudschaheddin wieder offen operieren. „Die Amerikaner verstecken sich in ihren Schützengräben und weigern sich herauszukommen, um die Mudschaheddin zu stellen. Ihre einzige Verteidigung sind Bombenangriffe, mit denen sie ein wenig Staub aufwirbeln.“ Zawahiris Schlussfolgerung: „Im Irak und in Afghanistan sitzen die Amerikaner zwischen zwei Stühlen – bleiben sie, werden sie verbluten, ziehen sie sich zurück, verlieren sie alles.“

Das letzte Mal war Zawahiri vor genau einem Jahr auf Video zu sehen, bei einem Bergspaziergang mit Bin Laden an seiner Seite und mit der Warnung vor weiteren Anschlägen auf den Lippen. Wohl eher aus Zufall wurde die neue Videoaufzeichnung wenige Stunden nach der Bombardierung eines angeblichen Al-Qaida-Lagers an der pakistanisch-afghanischen Grenze durch die pakistanische Luftwaffe ausgestrahlt. Dabei sollen nach Angaben des pakistanischen Militärs 50 Menschen, angeblich tschetschenische, usbekische und arabische Mudschaheddin getötet worden sein.

Beamte der CIA spielten die Bedeutung des neuen Videos gegenüber der New York Times herunter. Das deute keineswegs auf einen bevorstehenden Anschlag hin und sei lediglich ein inzwischen wiederkehrendes Ritual zum 11. September, erklärten sie. Wie es ein nicht namentlich genannter CIA-Beamter fasst: „Wenn um den 11. 9 nichts veröffentlicht worden wäre, hätte das für uns mehr Fragen aufgeworfen. Man sollte das Ganze nicht überbewerten.“

Stratfor, ein prominente Internetseite zur Analyse von Geheimdienstinformationen kommt zu einem anderen Schluss. Die Al-Qaida-Führung gehe nicht einfach so das Risiko ein, nicht nur ein Tonband, sondern ein Videoband aufzuzeichnen, dass den Geheimdiensten möglicherweise Hinweise über ihren Verbleib liefern könne, heißt es dort. Den zwei letzten öffentlichen Botschaften Zawahiris seien kurz nach seiner Ausstrahlung Anschläge in Bali und in der indonesischen Hauptstadt Jakarta gefolgt. Auch der neue Anschlag auf die australische Botschaft in Jakarta am Tag der Veröffentlichung des Videobandes, sei möglicherweise kein Zufall. KARIM EL-GAWHARY