piwik no script img

Archiv-Artikel

„Das Fenster der Möglichkeiten schließt sich schnell“

UN-Generalsekretär Kofi Annan bereitet darauf vor, dass die Entwicklungsziele der UNO nicht einzuhalten sind

BERLIN taz ■ Kofi Annan wurde deutlich. Zwar sei es technisch noch möglich, die Jahrtausendziele selbst in den ärmsten Ländern zu erreichen, erklärte der Generalsekretär der Vereinten Nationen unlängst zum Stand des Projekts „Millennium Goals“. Aber „das Fenster der Möglichkeiten schließt sich schnell, und größtenteils fehlt der politische Wille“.

Im kommenden Jahr steht die Fünfjahresbilanz des Projekts an, für Annan „die letzte realistische Möglichkeit“, die nötigen Schritte zu tun, um die Ziele zu erreichen. Doch dazu sei ein „bedeutender Durchbruch“ in der Entwicklungspolitik nötig.

Für einen Diplomaten deutliche Worte, die allerdings die Einschätzung von Fachleuten nur stützen. So sagt Stefan Mair, Afrika-Experte bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin: „Ich halte es nicht mehr für möglich, die Ziele tatsächlich in allen Regionen der Welt zu erreichen.“ Dafür sieht er drei Gründe. So fehle in vielen afrikanischen Ländern nicht nur der Wille, sondern auch die Möglichkeit zu den notwendigen Reformen.

Aber auch den reichen Ländern des Nordens mangele es an Bereitschaft, die finanzielle Förderung aufzustocken. Dies sei bei der gegenwärtigen Haushaltslage nachvollziehbar. Allerdings rechnet Mair damit, dass sich die Vereinten Nationen damit schwer tun werden, das Projekt Millennium Goals für gescheitert zu erklären. „Da wird es auf die Interpretationen der Ergebnisse ankommen.“

Beispiel Aids. Annan weist darauf hin, dass die Ausbreitung der Krankheit viel energischer bekämpft und die Infizierten besser behandelt werden müssten. Vor allem in Afrika südlich der Sahara verschlechtert sich die Lage zusehends. Aber nicht nur dort: „Es gibt keine Region, in der HIV keine potenzielle ernsthafte Bedrohung für die Bevölkerung darstellt, und fast kein Land, in dem die Ausbreitung von Aids definitiv gestoppt wurde“, so Annan.

Für Mair öffnet dieser Ansatz aber auch Erklärungsspielräume. Eine Krankheit wie beispielsweise Aids könnte zur Ursache dafür erklärt werden, dass die Millenniumziele der UNO insgesamt nicht erreicht werden.

Generell sieht Mair die Setzung solch ambitionierter und konkreter Ziele in der Entwicklungspolitik skeptisch. Diese könnten zwar als Orientierung und Ansporn dienen. „Sollten die Ziele aber verfehlt werden, führt dies schnell zu Glaubwürdigkeitsproblemen in der Entwicklungspolitik. Damit ist ihr nicht gedient.“ STEPHAN KOSCH