Die Rüben rollen

Wenn heute die Zuckerernte beginnt, hoffen A 39-Gegner, dass Autofahrer im Stau nicht Betonpiste herbeisehnen

Hannover taz ■ 32 Millionen Euro sind investiert, und die „Rübenlogistik“ bei der diesjährigen „Kampagne“ sei entscheidend verbessert worden, jubelt die Nordzucker, Europas Rübenriese Nummer zwei. Computergesteuert und quasi just in time startet nämlich ab heute in allen acht Werken der Nordzucker in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern die Ernte der herzförmigen Beta Vulgaris – und zwar rund um die Uhr.

Zwischen Ostsee und Hildesheimer Börde drohen Autoschlangen hinter schleichenden Treckerlawinen. Niedersachsens Landwirtschaftsminister Hans-Heinrich Ehlen (CDU) bat schon einmal vorauseilend um „Vorsicht und Verständnis“ für die „landwirtschaftlichen Transportfahrzeuge“, die wohl noch bis Mitte Dezember die Straßen blockieren werden.

Ekkehard Niemann vom Dachverband der Bürgerinitiativen (BI) gegen die A 39 nutzte gestern den Beginn der „Rübenkampagne“, um darauf hinzuweisen, dass die drohende Treckerlawine keinesfalls als „Argument für die Nonsensautobahn“ herhalten dürfe. 80 Kilometer lang und 400 Millionen Euro teuer soll die Betonpiste eines fernen Tages die Autobahn-Einöde zwischen Wolfsburg und Lüneburg durchschneiden.

Der Protest gegen die A 39 wächst: Selbst einige CDUler wenden sich bereits gegen das Projekt, im Dachverband sind 30 Bürgerinitiativen zusammengeschlossen. Und die wollen natürlich nicht, dass fluchende Autofahrer die A 39 herbeisehnen, damit es endlich vorwärts geht. Deshalb betonte der Dachverband, dass die in diesem Jahr „stark erhöhten Rübentransporte“ auf der B 4 zwischen Braunschweig und Lüneburg allein „auf schwere Fehlentscheidungen der niedersächsischen Landesregierung“ zurückzuführen seien. Nach der Schließung der Zuckerfabrik in Schleswig hätte die Uelzener Nordzucker-Filiale eigentlich durch die Bahn mit Rüben aus dem hohen Norden beliefert werden sollen.

Allerdings, so BI-Sprecher Niemann, sei diese „einzig sinnvolle Lösung“ an der fehlenden Bürgschaftszusage des Landes an die private Eisenbahngesellschaft OHE gescheitert. So würden jetzt eben bis Weihnachten 470.000 Tonnen Rüben über die Straße transportiert, 460 LKWs pro Tag.Kai Schöneberg