: Mensch mit intensiver Jagdlust
Betr.: „Carstensen – der neue Mann für Kiel?“, taz nord v. 9.9.
Im Artikel entsteht der Eindruck, als sei es nicht weiter bedenklich, wenn Peter Harry Carstensen (PHC) mit seinem biederen Weihnachtsmanngesicht und seinem politisch eher vertrottelten Programm zum Ministerpräsidenten Schleswig-Holsteins gewählt werden würde. Im Gegensatz zur Autorin sind es aber durchaus nicht alle Landbewohner, die sich mit PHC als Ministerpräsidenten anfreunden können. Unter dem grau melierten Schafspelz des PHC riecht es nämlich streng nach Gülle und Pestiziden/Herbiziden der industrialisierten Landwirtschaft, deren eifrigster und berechnendster Lobbyist er ist. Für den Natur- und Tierschutz wäre eine Wahl Carstensens (...) eine Katastrophe. Im noch weitgehend ländlich geprägten Schleswig-Holstein könnte die Agrar-, Chemie- und Gentechnik-Industrie strategisch ein Einfallstor zur Durchsetzung ihrer Pläne bekommen. Dazu käme noch die Jagdpächter-Lobby, die alle wirklichen Naturschutzbemühungen konterkariert.
(...) PHC ist Präsident der „Deutschen Gesellschaft für Agrar- und Umweltpolitik“ (DGAU). Gegründet wurde diese Gesellschaft zur Abwehr ökologischer Ansprüche an die Landwirtschaft, zu den Zielen gehört ausdrücklich die Förderung der Gen-Technik (...). Personell ist diese Gesellschaft auch mit der industriellen Agrar-Lobby-Vereinigung „DLG“ (Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft) verflochten, das Studium der Gesellschafter und deren Programm ist äußerst aufschlussreich. Interessante Informationen bietet dazu auch die Broschüre des NABU, „Lobbyverflechtungen in der deutschen Landwirtschaft“. PHC ist im Kuratorium des „Instituts für Agrobusiness Leipzig e.V.“, der Name ist Programm. PHC ist engagiert im „Forum Natur e.V.“ (...). Dabei handelt es sich um eine Sonntagsjäger-Interessengruppe mit einflussreichen Mitgliedern (...). PHC ist im Landesjagdverband Schleswig-Holstein aktiv. PHC sitzt im Aufsichtsrat des Großschlachtbetriebs „Nordfleisch AG“ (...). Bis 1999 war PHC im DFV (Verband deutscher Berufs- und Sportfischer) aktiv.
Bemerkenswert ist zuerst einmal, dass PHC beruflich und in seiner Freizeit intensiv mit dem Töten von Tieren befasst ist. (...) Ob ein Mensch mit so intensiver Jagdlust zum Ministerpräsidenten geeignet ist, sollten sich allerdings die BürgerInnen fragen. PHC sollte einmal sein persönliches Verhältnis zu „Tod, Waffe, Natur und Tier“ klar stellen. Wer in den Veröffentlichungen der im Zusammenhang mit PHC genannten Institutionen blättert, bekommt folgende Vorstellung vom Weltbild des PHC: Die Begriffe „Natur, Tierschutz und Umweltschutz“ sind reine Alibi-Hülsen, im Vordergrund steht für ihn das Recht der Wald- und Grundeigentümer, die Natur auszubeuten, der Jagdlust zu frönen und die industrielle, chemische und Gen-Technik in der Landwirtschaft durchzusetzen.
Eher eine Petitesse ist dann der Passus im Wahlprogramm der CDU, in dem der Beschuss von Elstern und Krähen verlangt wird. Dies ist zwar bundesweit ein Kuriosum, aber für PHC durchaus plausibel: Steht er bedingungslos auf Seiten der Landwirte der Halbinsel Eiderstedt, wenn es um den Abwehr von Vogelschutz geht, wird gerade die Beschießung von Krähen und Elstern damit begründet, dass diese sich über die Gelege der Singvögel hermachten. Es ist also die übliche doppelzüngige Argumentation der Jagdfreunde, die gerne Tierschutz mit der Flinte betreiben und nach gewonnener Wahl von PHC bedient werden sollen. (...) Name ist der Redaktion bekannt