Mahlzeit – aber richtig!

Bio-Essen gehört in vielen Kantinen großer Firmen und Institutionen zum Standard. Zunehmend halten dort fair gehandelte Produkte Einzug. Ein paar Cent mehr trüben den Appetit nicht

von VOLKER ENGELS

In vielen Kantinen und Cafés großer Firmen und Institutionen gehört es zum Standard, Bio-Essen anzubieten, das aus ökologisch korrekten Zutaten zubereitet wird. Zunehmend halten nun auch fair gehandelte Produkte Einzug in große Firmen. Dafür müssen die Besucher der Kantinen zwar ein paar Cent mehr für die Tasse Kaffee oder die Kekse auf den Tisch legen, den gesunden Appetit trübt das in der Regel aber nicht.

„Wir schenken in unseren 14 Betriebsrestaurants in Wolfsburg ausschließlich fair gehandelten Kaffee aus“, sagt Heidrun Reimann, Sprecherin des Wolfsburger Volkswagen-Werks. Auch die zehn Betriebsshops, die Snacks und Lebensmittel verkaufen, hätten fair gehandelte Säfte, Tees und Kekse in ihr Sortiment aufgenommen. Bei hausinternen Tagungen oder Meetings werden fair gehandelte Getränke ausgeschenkt. Die Kaufkraft auf dem Werksgelände entspricht der einer Kleinstadt: Immerhin 50.000 Beschäftigte arbeiten alleine auf dem Werksgelände im niedersächsischen Wolfsburg.

Den Verkauf fair gehandelter Produkte hat der Betriebsrat des Wolfsburger Werkes angestoßen. „Wir haben einige Kaffeemischungen ausprobiert und schließlich eine VW-Mischung kreiert, die sich nach anfänglicher Zurückhaltung einiger Kollegen zu einem richtigen Verkaufsschlager gemausert hat“, sagt Betriebsratsmitglied Klaus Schneck. Das lässt sich auch mit Zahlen belegen: Seit dem Jahr 2000 wurden fast 140.000 Packungen fair gehandelter Kaffee und 50.000 Literpackungen Orangensaft aus fairem Handel verkauft. Hinzu kommen rund 10.000 Packungen Gebäck, das aus fair gehandelten Zutaten hergestellt wurde. Das Betriebsratsmitglied der Autoschmiede ist davon überzeugt, dass durch den Verkauf fairer Produkte im Werk „die ein oder andere Bauernfamilie sicher ein besseres Leben hat“. Die Beschäftigten von VW profitieren nach Schnecks Überzeugung gleich doppelt: „Sie verschaffen den Kaffeearbeitern eine faires Einkommen und bekommen ein Produkt, das ohne giftige Pestizide produziert wurde.“

Fair gehandelten Kaffee brüht auch ein Teil der Kaffeeautomaten bei der Deutschen Welle (DW) in Bonn. Um die 10.000 Becher Kaffee verkauft der Auslandsfunk im Monat an seine rund 2.100 Festangestellten und freien Mitarbeiter. „In einer Befragung haben sich 65 Prozent unserer Mitarbeiter dafür ausgesprochen, dass fair gehandelter Kaffee ausgeschenkt wird“, erzählt DW-Mitarbeiter Steffen Heinze. Viele Mitarbeiter der Welle kämen aus Ländern, in denen Kaffee produziert wird. „Es ist wichtig, dass wir als Auslandsfunk nicht nur über die Missstände auf Großplantagen berichten, sondern dass wir selbst einen kleinen Beitrag dazu leisten, dass sich etwas ändert“, so der Öffentlichkeitsarbeiter.

Derzeit liefen mit der Firma Prodomo, die die Kaffeeautomaten bestückt, Verhandlungen darüber, weitere Automaten auf fairen Kaffee umzustellen. „Ziel ist es, dass der komplette Kaffeeausschank auf fair gehandelten Kaffee umgestellt wird“, so Heinze. Dazu müssten aber die Angestellten der DW, die sich für eine Umstellung auf faire Produkte ausgesprochen hätten, tatsächlich auch den bis zu fünf Cent teureren Kaffee kaufen. In Zukunft sollen im hauseigenen DW-Shop fair gehandelter Orangensaft, Tee, Kaffee und Schokolade verkauft werden. Neben den Kleinbauern in den Anbauländern profitiere auch das „Image und die Glaubwürdigkeit“ der Deutschen Welle von fair gehandelten Produkten.

Auch die großen christlichen Kirchen in Deutschland fördern seit Jahrzehnten fair gehandelte Produkte. Bereits vor zwei Jahren hat die Synode der evangelischen Kirche in Deutschland kirchliche und diakonische Einrichtungen aufgefordert, „dafür Sorge zu tragen, dass in den Kantinen kirchlicher und diakonischer Einrichtungen und Verwaltungen fair gehandelter Kaffee, Tee und Kakao angeboten werden“. Allein der Bereich der Diakonie umfasst 25 regionale Diakonische Werke mit 27.000 Einrichtungen und 450.000 hauptamtlichen Mitarbeitern.

Gerade startet eine Kampagne des Evangelischen Entwicklungsdienstes (EED) und der Hilfsorganisation „Brot für die Welt“ unter dem Motto „Fairer Kaffee in die Kirchen“. Für Reinhard Koppe von „Brot für die Welt“ ist diese Aktion eine Selbstverständlichkeit: „Wenn sich die Kirchen, die sich für Gerechtigkeit einsetzen, feststellen, dass die Produktions- und Handelsbedingungen nicht in Ordnung sind, kann es keine andere Schlussfolgerung geben, als fair gehandelte Produkte zu kaufen.“ Anfangs sei die Resonanz auf den Aufruf in vielen Einrichtungen „etwas zurückhaltend“ gewesen. „Inzwischen fragen aber immer mehr Einrichtungen nach Infomaterial“, so Koppe.