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Archiv-Artikel

Megawati muss vor der Wahl zittern

Bei der heutigen Stichwahl für Indonesiens Präsidentschaft wird die Amtsinhaberin Megawati Sukarnoputri vermutlich verlieren. Ihr Rivale Susilo macht mehr Versprechungen, aber ein konkreteres Programm hat auch er nicht

AUS JAKARTA SVEN HANSEN

Nur drei Tage durfte die Kampagne für die zweite Runde der Präsidentschaftswahl dauern, von Dienstag bis Donnerstag vergangener Woche. Und aus Angst vor Zusammenstößen hatte die Wahlkommission Kundgebungen unter freiem Himmel verboten. Aber schließlich gab es doch noch einen Hauch von Wahlkampf. Auf Motorrädern fuhren am Donnerstagnachmittag Fahnen schwenkende Anhänger von Präsidentin Megawati Sukarnoputri durch Jakarta. Und am Bundaran HI, einem sonst für Kundgebungen genutzten Verkehrskreisel im Stadtzentrum, marschierte eine bunte Schauspieler- und Musikantentruppe mit Plakaten Megawatis und ihres Vizekandidaten Hasyim Muzadi im Kreis.

Das war es aber auch schon. Die als schlechte Rednerin bekannte Präsidentin Megawati hatte es abgelehnt, sich einer Fernsehdebatte mit ihrem Herausforderer, dem früheren Sicherheitsminister Susilo Bambang Yudhoyono, zu stellen. So gab es an den drei Abenden des offiziellen Wahlkampfs nur getrennte Fernsehbefragungen der Kandidaten. Die Aussagekraft dieser Dialoge blieb so gering wie das öffentliche Interesse daran. Übrig blieb eine Kanonade von Wahlspots auf allen Kanälen.

Die seit 2001 regierende Megawati wird die heutige Wahl möglicherweise verlieren. Denn die Enttäuschung über sie ist groß. Die 57-Jährige brachte dem Land zwar eine gewisse Ruhe, sie ließ aber Reformen und die von vielen gewünschte Führung vermissen. Genau dies verspricht der 55-jährige Exgeneral Susilo. Laut den letzten Umfragen wird „SBY“, wie er genannt wird, 52 bis 60 Prozent der Stimmen von 153 Millionen Wahlberechtigten erhalten. Die Amtsinhaberin, „Mega“ genannt, kommt danach auf knapp 30 bis 34 Prozent. Doch da die Umfragen Susilo schon beim ersten Wahlgang im Juli bessere Ergebnisse prophezeit hatten, warnen Beobachter nun davor, die Stichwahl am Montag bereits als entschieden anzusehen. Zumal Megawati in den letzten Wochen zugelegt hat.

Nachdem ihre „Demokratische Partei des Kampfes“ bei den Parlamentswahlen im April drastisch eingebrochen war, begab sich die als unnahbar bekannte Präsidentin unters Volk. Überraschend kam sie dadurch im Rennen der fünf Kandidaten für die erste Runde der Präsidentschaftswahl im Juli noch in die Stichwahl hinter dem erstplatzierten Susilo. Seitdem nutzte sie ihr Amt, um in der Rolle einer Mutter der Nation kreuz und quer durchs Land zu reisen, Schulen und Brücken zu eröffnen und Wahlgeschenke zu verteilen. Für die Präsidentschaftswahl versuchte Megawati, fünf Parteien um sich zu scharen. Mit Golkar, der früheren Partei des Diktators und Generals Suharto, steht nun die größte Partei hinter ihr, während Susilo nur auf kleinere Parteien zählen kann.

Ob Golkars Anhänger aber Megawati zur Präsidentin wählen, ist offen. Denn Indonesiens Parteien sind keine leicht steuerbaren Wählerblöcke mehr wie unter Suharto. Vielmehr sind Golkars Anhänger gespalten: Susilo kürte mit dem reichen Geschäftsmann und bisherigen Sozialminister Jusuf Kalla einen ehemaligen Golkar-Politiker zu seinem Vizekandidaten.

Als gespalten gilt auch das einflussreiche Militär. Megawati ist zwar Zivilistin, doch unter der schwachen Präsidentin genießen die diskreditierten Militärs großen Einfluss. Umgekehrt präsentiert sich Susilo als Demokrat , der allerdings auch beim Thema Terrorbekämpfung seine militärische Vergangenheit nicht betont, denn das würde sofort Ängste wecken.

Der Terrorismus ist im Land mit der größten muslimischen Bevölkerung der Welt ohnehin kein großes Wahlthema. Dabei gab es erst am 9. September mit der Bombe vor der australischen Botschaft den dritten schweren Anschlag in zwei Jahren. Doch die Bekämpfung der Korruption und die Schaffung von Jobs sind für die Indonesier wichtiger, denn knapp ein Drittel der Wahlberechtigten ist arbeitslos. Megawati und Susilo unterscheiden sich in ihren unkonkreten Programmen kaum. Doch Susilo verspricht einen Wechsel und Neuanfang, obwohl er allen Regierungen der letzten Jahre angehört hat. Wie er ohne Parlamentsmehrheit Reformen durchsetzen will, bleibt freilich sein Geheimnis.