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Archiv-Artikel

Einkaufen in der Endlosschleife

Am Freitag kippt der Bundesrat die bundeseinheitlichen Ladenöffnungszeiten. Bremens Großkoalitionäre sind in dieser Frage jedoch uneins: Während die CDU für „mehr Offenheit“ plädiert, spricht die SPD von einer „Mondscheindebatte“

Von sim

Bremen taz ■ Shopping non-stop, rund um die Uhr, das soll nach dem Willen der CDU künftig auch in Bremen möglich sein. Im Vorfeld der Bundesratsabstimmung am Freitag übers Ladenschlussgesetz forderte gestern die wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Sibylle Winther, „mehr Offenheit der Bremer SPD bei dem Thema. Deren Fraktionschef Jens Böhrnsen wies die Forderung umgehend zurück: „Das ist eine Mondscheindebatte“, sagte er der taz. Bereits die jetzigen Öffnungszeiten würden „nicht genutzt“. Eine Ausweitung sei deshalb falsch.

Zehn von 16 Bundesländern haben bereits angekündigt, am Freitag für den Ladenschluss-Vorschlag Baden-Württembergs zu stimmen. Demnach sollen die Länder künftig jeweils eigene Ladenschluss-Regelungen treffen – bis hin zur kompletten Aufhebung geregelter Geschäftszeiten an Werktagen. Angesichts dieser Situation mache es keinen Sinn mehr, weiter am Ladenschluss festzuhalten, so Winther: „Die Bremer SPD wird den Wagen nicht aufhalten können.“ Niedersachsen und Hamburg würden die Öffnungszeiten in jedem Fall liberalisieren. Die Bremerinnen und Bremer, klagte sie, müssten dann künftig abends nach Achim, Stuhr und Oldenburg zum Einkaufen fahren – „eine echte Gefahr für Bremens Funktion als Oberzentrum“.

Der Geschäftsführer des Einzelhandelsverbandes Nordsee, Wolfgang Brakhane, trat dem entgegen. Es sei „keinesfalls gesagt, dass dann der Run nach vorne auf die späteren Abendstunden“ losgehe, sagte er. Schließlich müssten Einzelhändler laut Tarif ab 20 Uhr ihren VerkäuferInnen einen Nachtschicht-Zuschlag von 50 Prozent zahlen. Und das Budget der Kunden werde durch die Verlängerung der Öffnungszeiten nicht größer.

Strikt abgelehnt wird das Nonstop-Shopping indes von der vereinigten Dienstleistungs-Gewerkschaft (ver.di). Eine Freigabe der Öffnungszeiten gehe zu Lasten der Beschäftigten sowie der kleineren und mittleren Betriebe, sagte der niedersächsische ver.di-Vize Peter Franielczyk. Folge einer Liberalisierung wäre eine weitere Konzentration im Handel. PolitikerInnen, die ein Einkaufen rund um die Uhr forderten, kümmerten die Arbeits- und Lebensbedingungen der Beschäftigten offensichtlich einen „feuchten Kehricht“.

Wichtiger als die konkreten Öffnungszeiten der Geschäfte seien überregional verlässliche Regelungen, sagte Brakhane. Ein „Flickenteppich unterschiedlicher Ladenöffnungszeiten“ sei ein „Unsicherheitsfaktor ohnegleichen“. Insbesondere müssten sich Bremen und Niedersachsen auf eine gemeinsame Regelung einigen. Unterschiedliche Öffnungszeiten hier wären „haarsträubend“, Wettbewerbsverzerrungen drohten. Brakhane sprach sich trotzdem für eine Liberalisierung durch den Gesetzgeber aus. Der Einzelhandel könne den Rest dann, wie beim Sommerschlussverkauf, eigenverantwortlich regeln. Denkbar wäre eine „Kernöffnungszeit“ montags bis samstags von 9 bis 19 Uhr. Der Sonntag sollte – bis auf vier Ausnahmen im Jahr – grundsätzlich verkaufsfrei bleiben, so Brakhane weiter. Keinesfalls angetastet werden sollten indes die Adventssonntage.

Der Bremer Senat will heute früh über das Abstimmungsverhalten Bremens im Bundesrat entscheiden. Bleibt es bei den gegensätzlichen Auffassungen der beiden Koalitionspartner SPD und CDU, wird sich Bremen der Stimme enthalten. Experten erwarten eine Neuregelung in der Praxis frühestens im kommenden Jahr. sim