kanzler lobt flick
: Versöhnung mit dem Falschen

Ein Staatsakt zur Eröffnung der Flick-Collection wäre noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen. Aber der Staat hat kein Geld mehr, und die Sicht auf die deutsche Vergangenheit verändert sich. Augenscheinlich hat der Name Flick an Abschreckungskraft verloren. So wurde eine vermeintlich günstige Gelegenheit, eine vermeintlich spektakuläre Kunstausstellung in Berlin zu zeigen, genutzt. Dazu kann man keine guten Worte finden.

KOMMENTARVON ROBIN ALEXANDER

Aber was Gerhard Schröder zur Eröffnung der Flick-Collection sagte, ist ein Skandal, der weit über die Causa Flick hinausreicht. Denn der Kanzler sprach Flick nicht nur frei, er erhob – indem er ihn zitierte – seinen Umgang mit der Vergangenheit der Familie sogar zum Vorbild für alle Deutschen.

Wie aber sieht dieser Umgang aus? Flick erkennt Verantwortung an für die entsetzlichen Verbrechen, die seinen Großvater reich gemacht haben und damit auch ihn als Erben. Doch er verbittet sich jede Einmischung, wie er mit dieser Verantwortung umzugehen habe. Friedrich Christian Flick, der Erbe, schreibt die Haltung von Friedrich Flick, dem Erblasser, direkt fort: Wer von uns Geld bekommt, entscheiden allein wir. Wie wir mit unserer Geschichte umgehen, liegt allein bei uns.

Das hat der Kanzler ausdrücklich anerkannt und damit als politisch akzeptable Haltung geadelt. Der Nachfolgestaat Bundesrepublik verständigt sich mit dem Nachkommen der Täter zu dessen Bedingungen. Ist das die Normalisierung im Umgang mit der Geschichte, die Schröder anstrebt?

Hoffentlich nicht. Denn Normalisierung kann nur mit Versöhnung beginnen. Die aber ist ohne die Opfer unmöglich. Und die kommen nicht vor: nicht bei Flick. Und – schlimmer – nicht bei Schröder. Beide ignorieren die Menschen, die unter dem Nazi Friedrich Flick gelitten haben. Das Unrecht an den Zwangsarbeitern ist nicht zu heilen: Aber eine Geste – und mehr wären Entschädigung und Dokumentation nicht – ist Voraussetzung für Versöhnung und Normalisierung. Das musste der Kanzler wissen. Deshalb ist es unfassbar, dass er in seiner Laudatio auf Flick nicht ein einziges Wort an die Zwangsarbeiter richtete.

Rot-Grün hat mit der Einrichtung des Entschädigungsfonds der deutschen Wirtschaft viel politisches und moralisches Kapital erworben. Gerhard Schröder ist dabei, es zu verschleudern.

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