: Die Nähe zwischen Ministerium und Lobby
Am Gesetzentwurf des Finanzministeriums zur Steuersenkung für Fonds hat die Branche selbst mitgearbeitet
BERLIN taz ■ Lobbyisten von Fondsgesellschaften haben im Bundesfinanzministerium an einem Gesetzentwurf mitgearbeitet, der Unternehmen ihrer Branche Steuererleichterungen gewährt. Im Gesetz zur Modernisierung der Investmentbranche werden ausländische Fonds mit inländischen steuerlich gleichgestellt, die Besteuerung des Zwischengewinns wird abgeschafft.
Das Vorhaben stand gestern im Mittelpunkt einer Anhörung des Bundestages. Im November soll das Parlament beschließen.
Dass Mitarbeiter der Deutschen Börse AG und des Bundesverbands der Investment-Gesellschaften (BVI) an der Ausarbeitung des Gesetzes beteiligt waren, bezeichnete ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums als „Einholung von Sachverstand“. Es habe „keine Einflussnahme“ bei der geplanten Steuererleichterung gegeben. Die Reduzierung liege in der „Logik des Gesetzes“. Anderes zu vermuten hieße, den „Einfluss von Referenten deutlich zu überzeichnen“, sagte der Sprecher.
CDU-Finanzexperte Dietrich Austermann zeigte sich über die Nähe von Ministerium und Verbänden ebenso erstaunt wie die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz.
Die steuerliche Besserstellung im Gesetzentwurf gilt für Investmentfonds. Das sind Unternehmen, die große Mengen Aktien und anderer Wertpapiere kaufen und Anteile an ihrem Paket an Privatanleger weiterveräußern. Anteile von Investmentfonds gelten als weniger risikoreiche Anlage als einzelne Aktien.
Das Gesetz aus dem Finanzministerium sieht vor, Zwischengewinne der Privatanleger von der Steuer zu befreien. Wer bisher Fondsanteile über ein Jahr hielt und sie zwischen zwei der jährlich stattfindenden Gewinnausschüttungen verkaufte, musste den im Wertzuwachs enthaltenen Anteil von Zinserträgen seit der letzten Ausschüttung zusätzlich versteuern. Dies soll in Zukunft wegfallen. Dann wäre nur die Ausschützung der Gewinne an die Anleger steuerpflichtig.
Diese Erleichterung macht die Geldanlage in Investmentfonds deutlich attraktiver. Weil die Fondsgesellschaften deshalb auf neue Kunden hoffen, haben sie ein Interesse an der Gesetzesänderung. Wie hoch der Steuerausfall durch diese Maßnahme sein wird, will das Finanzministerium nicht beziffern. Insgesamt kostet das gesamte Gesetz die öffentliche Hand rund 635 Millionen Euro pro Jahr. Das Bundesfinanzministerium begründet die „minimalen Steuerausfälle“ mit einer „Vereinfachung“ der gesetzlichen Regelungen.
In der Öffentlichkeit diskutiert wird das Gesetz bislang vor allem wegen einer anderen Neuerung. Ab 2004 sollen Privatanleger in Deutschland erstmals Anteile an so genannten Hedge-Fonds kaufen können. Diese Form der Geldanlage gilt als wesentlich risikoreicher als die traditionellen Fonds. HANNES KOCH