Kommentar: Kommunalwahl in NRW : Gewinner, trotz allem überall
Bei der SPD war die Kritik angekommen, immerhin: Hatte es am Wahlabend gerade im politischen Berlin nur Sieger gegeben, bewegte sich NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück gestern auf dem schmalen Grat zwischen Zuversicht und Realismus. Und das, ohne niedergeschlagen wirken zu wollen: Brav kritisierte der Regierungschef den voreiligen „Knopfdruckjubel“ bei der CDU-Konkurrenz, der ihn „stark an angloamerikanische Wahlkämpfe erinnert habe“. Die SPD kann gewinnen, wenn sie nur will, lautet dennoch Steinbrücks Fazit.
Ähnlich die Grünen: Immer habe er gewarnt, seine Partei werde das herausragende Ergebnis der Europawahlen kaum wiederholen können, beschwört NRW-Parteichef Frithjof Schmidt die Journalisten. Für‘s Positive ist Schmidts Kollegin Britta Haßelmann zuständig, die natürlich die CDU als Hauptverlierer der Wahl ausmacht. Die wiederum sieht sich trotz massiver Verluste als Wahlsieger, und natürlich feiert auch die FDP das Ergebnis ab.
Ein Ritual, dass trotz zögerlich einsetzender Selbstkritik gerade auf Seiten der Koalition eines übersieht: Die Politikmüdigkeit wächst auch in NRW – und damit die Bereitschaft, auch Extremisten zu wählen. Während die Wahlbeteiligung mit rund 54 Prozent auf ein neues Rekordtief fällt, geben etwa in Dortmund 12 Prozent der Jungwähler der rechtsextremen DVU ihre Stimme. Doch von allen Spitzenpolitikern auf Landesebene wird das nur auf Nachfrage beiläufig kommentiert – in Düsseldorf herrscht Business as usual. Keine guten Zeiten für die Demokratie.
ANDREAS WYPUTTA