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Archiv-Artikel

Besichtigung des Nazi-Hofs

Mitarbeiter der Baubehörde nahmen gestern das Anwesen des Rechtsextremen Rieger in Augenschein. Es besteht der Verdacht, dass dieser gegen Bauvorschriften verstößt

Der Oberkreisdirektor: „Wir müssen aber mit eigenen Augen sehen, welche Zustände dort herrschen“

Dörverden taz ■ Die Zustände auf dem Anwesen des rechtsextremen Hamburger Anwalts Jürgen Rieger haben gestern zwei Mitarbeiter der Bauaufsichtsbehörde des Landkreises Verden unter die Lupe genommen. Der Besichtigungstermin auf dem „Heisenhof“ in Dörverden war mit Rieger abgesprochen – nachdem dieser vor Wochen noch von „Hausverbot“ getönt hatte. „Uns steht ein gesetzliches Betretungsrecht zu“, erwidert Oberkreisdirektor Werner Jahn. Dennoch empfing Rieger die Behördenmitarbeiter zunächst missmutig – einer musste erst über den Jägerzaun steigen, bevor ihm die Neonazis das Tor öffneten.

Überprüft wurde, ob Personen auf dem Anwesen wohnen, militärische Fahrzeuge dauerhaft abgestellt sind und ob mit Sanierungsarbeiten begonnen wurde. Indizien dafür liegen Jahn zufolge vor. Drei Personen hätten ihren ersten Wohnsitz auf dem Heisenhof angemeldet und über die Verlagerung von Riegers Militärfuhrpark von Hamburg nach Dörverden sei in der taz und anderen Medien berichtet worden. „Wir müssen aber mit eigenen Augen sehen, welche Zustände dort herrschen“, so Jahn. Jegliche Genehmigung für eine Wohnraumnutzung und für den „militärischen Außenbereich“ seien vor Jahren abgelaufen. Sollte Rieger dennoch Änderungen vornehmen, könnten diese untersagt werden.

Rieger hatte die Mahnungen des Landkreises bisher mit Drohungen abgetan. „Wenn die Behörden mich behindern wollen, muss sich die Gemeinde auf eine Schadensersatzforderung ohne Ende gefasst machen“. Oberkreisdirektor Jahn nimmt die Warnung gelassen auf. Man ginge nur nach den Verfügungen und Auflagen des Baurechts vor. „Wenn eine unzulässige Nutzung vorläge, würde sie untersagt. Sie kann auch zwangsweise vollstreckt werden.“

Gestern hielten sich die Behördenmitarbeiter eine Stunde auf dem Gelände auf – begleitet von Rieger und den Nachwuchskadern Sascha Schüler, Daniel Fürstenberg und Matthias Schulz. Eine Entscheidung über das weitere Vorgehen werde aber erst Ende der Woche getroffen. „Das muss alles sehr sorgfältig überprüft werden“, sagt Jahn. Schließlich sollte eine mögliche Untersagung der Nutzung nicht durch formale Ungenauigkeiten scheitern. „Nicht, dass Herr Rieger verkünden kann: ‚Eins zu null für mich‘. So leicht wollen wir es ihm nicht machen.“

Im Juni dieses Jahres war der Kauf der ehemaligen Bundeswehranlage durch Rieger als Bevollmächtigter der „Wilhelm-Tietjen-Stiftung“ bekannt geworden. Seitdem erklärt der bekennende Neonazi, auf dem „Heisenhof“ wolle man „kinderlosen Ehepaaren zu Kindern verhelfen“. Natürlich sei er gegen „Rassenmischung“ und werde darauf achten, „dass blauäugige Frauen nur den Samen eines ebenfalls blauäugigen Mannes“ erhalten.

A. Röpke / A. Speit