Filetstück in der Elbe

Handelskammer legt Positionspapier zur Entwicklung von Wilhelmsburg vor: Gewerbegebiete als Lärmschutz, Wohnungen und Kleingärten auf die grüne Wiese

Die Handelskammer und der Wirtschaftsverein für den Hamburger Süden haben gestern dargelegt, wie sie sich die Entwicklung Wilhelmsburgs zu einem pulsierenden Stadtteil vorstellen. Sie schlagen neue Wohngebiete im Zentrum vor. Diese sollen entlang des Reiherstiegs und der Autobahn von geschlossenen Gewerbegebieten flankiert werden. Innerhalb von 25 Jahren könnten 50.000 Menschen ein neues Zuhause auf der Elbinsel finden und 15.000 Arbeitsplätze dort geschaffen werden, verspricht die Wirtschaftslobby.

Im Gegensatz zum Senat, der Architekten und Stadtplaner aus aller Herren Länder Vorschläge zur Entwicklung des Areals zwischen der Innenstadt und Harburg hatte machen lassen, hätten Kammer und Wirtschaftsverein vor Ort nach Wünschen und Anregungen gesucht, sagte Präses Karl-Joachim Dreyer bei der Vorstellung des gemeinsamen Positionspapieres. Ein Blick auf die Vorschläge zeigt jedoch, dass es sich bei der Basis vor allem um die Unternehmen handelt.

Im Gegensatz zur Zukunftskonferenz Wilhelmsburg wollen die Wirtschaftsvertreter am Reiherstieg kein gemischtes Gewerbe- und Wohngebiet. Lediglich eine Grünachse am Vehringkanal soll eine Verbindung von dem Park im Zentrum zum Reiherstieg schaffen. Das als große Chance betrachtete „Wohnen am Wasser“ würde es auch am Spreehafen nicht geben. Anderslautenden Visionen aus Wilhelmsburg zum Trotz soll er zum Teil zugeschüttet werden und Gewerbebooten vorbehalten bleiben. Eine Autobahn, die Hafenquerspange, führte darüber hinweg.

Die von Entwässerungsgräben durchzogenen Weiden nördlich und südlich der Hochhaussiedlung Kirchdorf-Süd würden in Wohngebiete verwandelt. Gegen die Autobahn sollen sie durch ein langes Gewerbegebiet abgeschirmt werden. „Es gibt erstmalig die Chance, die Verlärmung aufzuheben“, freute sich Jan-Oliver Siebrand, der Stadtplaner der Kammer. Udo Stein vom Wirtschaftsverein schwärmte, die Abschottung der Wohngebiete von der Autobahn werde den (verbleibenden) Wilhelmsburger Osten als Landschaftsraum erst erlebbar machen.

Zu diesem Zweck sollen breite „Grünbrücken“ über die Autobahn führen. Zwei von ihnen würden an einer neuen, großen Kleingartenkolonie enden – ein Ersatz für mehrere Kolonien im Wilhelmsburger Zentrum, die die Wirtschaftsvertreter dem Wohnungsbau opfern wollen.

Der Kleine Grasbrook soll noch zehn bis 15 Jahre für eine erneute Olympiabewerbung Hamburgs reserviert bleiben. Eine U- oder Hochbahn, Wassertaxen, Radwege, neue Erschließungsstraßen und eine neue Elbbrücke in die Hafencity sollen die Flussinsel mit dem Festland verbinden. Gernot Knödler