piwik no script img

ASERBAIDSCHANS ALIJEW: EIN TYRANN IM SCHULTERSCHLUSS MIT DEN USAWeniger Demokratie wagen

Die Wahlen in Aserbaidschan standen nicht im Einklang mit internationalen Standards, kritisiert die OSZE. In der Sprachregelung dieser Organisation ist das ein vernichtendes und überraschendes Urteil. Ebenso überraschend wie das Schweigen der USA. Behalten die Vulgärmarxisten doch Recht? Gibt es dort, wo ökonomische, sprich Erdölinteressen im Spiel sind, tatsächlich keine Moral?

Die Staaten im Süden der Ex-UdSSR haben auch nach zwölf Jahren Unabhängigkeit kaum eine Lektion in Sachen Demokratie gelernt. Es scheint, als seien Zeit und Geschichte dort lediglich eine Art Deformation der Ewigkeit. Etwas positiver ließe sich der Zustand der Kaukasusrepubliken als Übergangsphase vom Feudalismus zum Absolutismus deuten. Beides ist Ewigkeiten entfernt von jeder noch so rudimentären demokratischen Ordnung.

Ob in Kasachstan, Aserbaidschan, Kirgisien, Usbekistan, Georgien oder Turkmenistan – überall verordnen kriminelle Dynastien den Völkern Stillstand, während sie sich selbst auf sagenhafte Weise bereichern. Die offene Unterstützung der USA – flächendeckend spätestens, seit Washington im Zuge der Antiterrorkoalition im Kaukasus und in Zentralasien militärische Stützpunkte errichtet hat – trübt die Hoffnung der jeweiligen Opposition auf mehr Demokratie. Stattdessen erhärten sich vage Erinnerungen zur unumstößlichen Gewissheit: Den Staaten des Kaukaus droht das Schicksal der „Bananenrepubliken“ Mittel- und Südamerikas, wo Geopolitik und Rohstoffinteressen das Verhalten der USA diktierten. Wer diesem Einfluss zu entkommen suchte, fiel in die Hände der UdSSR.

Dieser Dualismus ist mittlerweile überholt. Gleichwohl buhlen Washington und Moskau weiterhin um die Gunst der Potentaten. Der Opportunismus der Vormächte erlaubt es diesen, innenpolitische Quertreiber nach Belieben kaltzustellen. Im Gegensatz zu den Potentaten kann die Opposition mit niemanden anbändeln: Der Vorwurf der Preisgabe der nationalen Souveränität an Moskau wäre ihr politischer Tod. So empfiehlt es sich – im Tandem mit den USA – einfach weniger Demokratie zu wagen. KLAUS-HELGE DONATH

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen