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Lautloser Tod eines Friedensabkommens

Vor zwei Monaten vereinbarten die Kriegsparteien der Elfenbeinküste politische Reformen bis Ende September,um eine Demobilisierung einzuleiten. Die Frist wurde nicht eingehalten, es droht neuer Krieg. Die UNO reagiert nicht

BERLIN taz ■ Gerade mal zwei Monate ist das letzte Friedensabkommen für die Elfenbeinküste alt – und jetzt droht schon wieder Krieg in dem westafrikanischen Land. Aufgrund des Widerstandes der regierenden „Ivorischen Volksfront“ (FPI) von Staatschef Laurent Gbagbo hat nämlich das Parlament der Elfenbeinküste nicht, wie Ende Juli vereinbart, bis zum 30. September eine Reihe von Reformen verabschiedet, die eine Demobilisierung der Rebellen des Landes und freie Wahlen unter Beteiligung aller relevanten politischen Kräfte ermöglichen sollten.

So droht nun eine Neuauflage des Bürgerkrieges, der die Elfenbeinküste seit September 2002 geteilt hält. Damals hatten Teile des Militärs eine Rebellion gegen Präsident Gbagbo gestartet, dessen Wahl im Oktober 2000 unter Ausschluss wichtiger Teile der Opposition zustande gekommen war und der danach mit einer chauvinistischen Politik die Entrechtung weiter Teile der ivorischen Bevölkerung weiter vorangetrieben hatte. Ein Viertel der 16 Millionen Einwohner der Elfenbeinküste sind Einwanderer aus Nachbarländern oder stammen von solchen ab; zahlreiche Völker des mehrheitlich muslimischen Nordens gelten überdies bei Gbagbo-Anhängern im Süden des Landes als Ausländer. Der Norden der Elfenbeinküste ist seit September 2002 unter Kontrolle von Rebellen, während im Süden Gbagbo-treue „patriotische“ Milizen regelmäßig Jagd auf tatsächliche oder vermeintliche Ausländer machten.

Die Kriegsparteien haben seit 2003 zahlreiche Friedensabkommen geschlossen. Zuletzt vereinbarten sie am 30. Juli unter UN-Aufsicht in Ghanas Hauptstadt Accra das Abkommen „Accra III“, wonach bis Ende September die Benachteiligung von Ausländern im Wahlrecht abgeschafft werden soll und ab 15. Oktober die Demobilisierung der Rebellen im Norden sowie der „Patrioten“ im Süden beginnt.

Das ist jetzt hinfällig. Die politischen Reformen wurden nicht beschlossen: Das Parlament hat nur ein Gesetz verabschiedet – zur Parteienfinanzierung. Die Rebellen lehnen folglich die Entwaffnung ab. Die „Patrioten“ ihrerseits kündigen ab 15. Oktober Krieg an. Die Zeitungen sind voll von Gerüchten: Burkina Faso, Frankreich sowie ehemalige angolanische und kongolesische Rebellen wollten Gbagbo stürzen, heißt es in einem Blatt; Gbagbo habe ukrainische Kampfpiloten angeheuert, schreibt ein anderes; die FPI plane die Inszenierung eines Putschversuches, um ihre Gegner ausschalten zu können, mutmaßt ein drittes. In der letzten Woche kam es zu brutalen Razzien des Militärs in Einwanderervierteln, und Kampfhubschrauber überflogen nachts Abidjan.

Die internationale Reaktion auf die neue Krise ist erstaunlich bescheiden. Die UNO hat über 6.000 Blauhelme in der Elfenbeinküste stationiert, zu denen 4.000 Soldaten aus Frankreich kommen. Aber der UN-Sicherheitsrat beschränkte sich Anfang dieser Woche auf einen Appell an Gbagbo, die Reformen doch noch durchzusetzen. Zugleich verlangte der Rat von den Rebellen den Beginn der Demobilisierung „vor dem 15. Oktober, ohne Vorbedingungen“ – in Widerspruch zum Abkommen. Bei dessen Unterzeichnung war noch von gezielten Sanktionen gegen Gbagbo und seine Entourage die Rede gewesen, sollten sie die Frist von Ende September nicht einhalten. DOMINIC JOHNSON

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