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Archiv-Artikel

Kanzler-Schelte für Karstadt-Leitung

Schröder spricht von krassem Management-Versagen. Einzelhandel will mit Steuernachlass Konsum ankurbeln

Von STG

BERLIN rtr/ap/taz ■ Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat der Unternehmensleitung des angeschlagenen KarstadtQuelle-Konzerns angesichts der jüngsten Kürzungspläne krasses Versagen vorgeworfen. „Es handelt sich um Managementversagen in seiner krassesten Form.“ Dieses dürfe nicht der Politik „vor die Füße gekippt“ werden, sagte Schröder gestern in Berlin. Die Bundesregierung werde jedoch alles tun, um die sozialen Folgen für die Beschäftigten abzufedern, habe jedoch nur begrenzte Eingriffsmöglichkeiten bei der Sanierung des Unternehmens.

Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) betonte, eine Unterstützung mit Steuermitteln komme nicht in Frage. Die Regierung steht nach eigenen Angaben in Kontakt zum Aufsichtsrat des Konzerns. Mit Blick auf Forderungen der Opposition, Schröder müsse die Rettung von Karstadt zur Chefsache erklären, hieß es in der Regierung aber, man sehe keinen Ansatz, dass der Kanzler sich erfolgversprechend einschalten könne. Ein Sprecher von KarstadtQuelle bezeichnete die Gespräche mit der Bundesregierung als konstruktiv.

Der Hauptverband des Einzelhandels (HDE) fordert zum wiederholten Mal eine befristete Mehrwertsteuersenkung zur Ankurbelung des Konsums nach US-Vorbild. „Die Situation bei Karstadt ist nur die Spitze des Eisberges“, sagte HDE-Geschäftsführer Hubertus Pellengahr der Netzzeitung. Die Politik trage eine Mitverantwortung für die Situation. Der Einzelhandel muss den Prognosen des Verbandes zufolge in diesem Jahr zum dritten Mal einen Umsatzrückgang verbuchen. Die Mehrwertsteuerreduzierung werde „in den USA sehr erfolgreich genutzt, um den Konsum zu stützen“.

KarstadtQuelle hatte am Dienstag weit reichende Einschnitte in den Personalbestand des Unternehmens verkündet. Zur Sicherung der Existenz des angeschlagenen Traditionskonzerns sollen mindestens 77 der 180 Warenhäuser möglichst schnell verkauft oder in einer Auffanggesellschaft fortgeführt werden. Auch die Textilketten SinnLeffers und Wehmeyer sowie die Logistikbetriebe und die Karstadt-Fitness-Center stehen zum Verkauf.

Da vor allem zahlreiche kleinere Karstadt-Häuser nach Branchenschätzungen nur schwer Käufer finden dürften, fürchtet der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) um Deutschlands Innenstädte. „Wenn so ein Kaufhaus schließt und es gibt keine Nachfolgenutzung, dann hat das einen Verödungseffekt mit gravierenden Folgen nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Stadt“, sagte DStGB-Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der Berliner Zeitung. Daher müsse der Konzern die Nachnutzungskonzepte für die einzelnen Warenhäuser mit den betroffenen Städten und Gemeinden abstimmen.

Die Gewerkschaft Ver.di wirft dem Karstadt-Management vor, die kleineren Warenhäuser des Konzerns schon lange vernachlässigt und falsch geführt zu haben. Dies sei seit Jahren Problemthema im Konzern gewesen, aber nie sei etwas passiert, sagte Gertrud Tippel-Kluth vom Ver.di-Bundesvorstand dem gleichen Blatt. Zwar habe Karstadt auf Druck der Arbeitnehmervertretung schon vor zwei Jahren Standortanalysen für die kleineren Warenhäuser angefertigt, die aber vom Vorstand nie aufgegriffen worden seien.

Für Karstadt-Chef Christoph Achenbach steht auch ein Gehaltsverzicht zur Diskussion – derzeit allerdings noch im Konjunktiv: „Wir würden in dieser Lage […] eindeutig auf fünf bis zehn Prozent Einkommen verzichten“, sagte Achenbach Bild: „Man muss die Mitarbeiter weiterhin angucken können.“ STG

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