■ Sängerin Ulla Meinecke forderte in der taz die Deutsch-Pop-Quote für Rundfunk und Fernsehen
: Für eine internationale Schrottquote

betr.: „Die Quote des Grauens“ von Andreas Hartmann, „In eigener Sache“ von Ulla Meinecke, taz vom 29. 9. 04

Wozu die „Deutsch-Quote“? Dass man neben Whitney Houston und Phil Collins noch Marius Müller-Westernhagen und Heinz-Rudolf Kunze hören muss? Ich habe vor mehreren Jahren das Radiohören eingestellt. Nun bin ich mein eigener DJ und höre die CDs, die mir Spaß machen. Kann ich nur wärmstens empfehlen. Dann muss man nämlich auch nicht mehr die „Bespaßung“ durch unsäglich dumpfe Moderatoren, schlimme Werbung, jede Stunde die gleichen Songs und dösige Nachrichten ertragen. BARBARA KIRSCH, Lüneburg

Ich bin es ja gewohnt, missinterpretiert und verunglimpft zu werden. Aber mich in die Nähe von Antje Vollmer zu rücken, grenzt an Körperverletzung. Ich hasse Kunze. Ich gehöre NICHT zu der „Quoteninitiative“. Wenn ich von „angloamerikanischem Schrott“ spreche, meine ich mit Sicherheit nicht die supikreativen Bands, die es dort gibt, die hier aber leider nicht stattfinden. Wir brauchen eine internationale Schrottquote, nicht mehr und nicht weniger.

FRANK ZIEGERT, Hamburg

Immer wieder ist zuletzt der Song „Wir sind wir“ in den Fokus geraten, der für mich ein Song ist, der den heute zuhauf frustrierten Menschen Mut machen soll, einfach mal zu kämpfen und nicht immer nur zu jammern. Warum dürfen wir in unserem Land nicht stolz auf unsere Leistungen sein. Ich finde da nichts dabei, und wenn man sich den Text mal genau ansieht, ist dabei nichts, aber auch gar nichts Rechtsanrüchiges zu sehen. […] ANDREA GOSAU, Hamburg

Ich habe als Musiker keine Sekunde gezögert, die Aktion „Musiker in eigener Sache“ zu unterstützen, und die Mail mit dem Formular auch an Kollegen weitergeleitet. Natürlich hat man dann auch Leute auf seiner Seite, wegen denen man am liebsten auswandern möchte. Aber ändert das den Sachverhalt? Wie kann es sein, dass sehr viele Jugendliche deutschen HipHop hören, aber dieser von den meisten Medien ignoriert wird? Das ist meiner Meinung nach Zensur. […]

Eine Quote wird sicherlich, wie auch Dieter Gorny in der Phoenix-Gesprächsrunde trefflich sagte, erst mal für mehr Quantität sorgen. Aber langfristig wird daraus mehr Qualität entstehen. Einfach schon, weil dann die Mittel da sind und mehr deutsche Musiker von ihrem Schaffen leben können. Als Musiker lebt man unter anderem nämlich von den Gema-Einnahmen der Airplays. […] Dass Jan Delay diese Aktion unterstützt, wundert mich überhaupt nicht. Die deutsche HipHop-Szene hat schon in einem sehr frühen Stadium erkannt, dass Musik Kommunikation ist, und die findet am besten nun mal in der eigenen Sprache statt. Diese Selbstverständlichkeit im Umgang mit der deutschen Sprache ist wichtig. So bekommt man auf einmal auch die Perspektive von Musikern mit nichtdeutschen Wurzeln wie Azad oder Afrob mit. Das kann doch gar nicht negativ sein. […] DETLEF RICK, Köln

Von den ca. 100 deutschen Interpreten, die ich kenne, laufen vielleicht fünf im deutschen Radio, nicht unbedingt die besten. Wenn ich mit anderen Leuten über diese Bands rede, muss ich feststellen, dass die meisten Bands gar nicht bekannt sind, und das, obwohl sie teilweise schon zehn CDs am Start haben und seit Jahren durch das Land tingeln. Aber Britney Spears kennt jeder junge Deutsche. Wir brauchen die Quote. R.S., Wölfersheim

Mir selbst ist es zwar ziemlich gleich, ob eine Quote kommt, da ich dieses seichte Radio-Pop-Gedudel eh nicht mag, egal ob in Deutsch, Englisch oder Esperanto vorgetragen. Dennoch bin ich strikt dagegen, dass der Staat, getrieben von mittelmäßigen Barden wie Heinz-Rudolf Kunze & Co., eine Vorgabe macht, wie viel deutsches Liedgut durch den Äther zu rinnsalen hat. ALEX BOHN, Bisten

Meinethalben, eine Mindestquote für deutsche Popmusik im Radio. Dazu dann aber bitte eine Expertenkommission, die entscheidet, was „Pop“ (populäre Musik) ist, auf dass nicht ein böser Sender die Sendepflicht für populäre Musik durch volkstümliche („dem Volksgeschmack entsprechende“) zu unterlaufen versucht. Emissionshandel kennt man bereits, das Konzept ließe sich ohne weiteres übertragen. „Viele … Künstler hätten sich nicht durchsetzen können, wenn es damals nicht auch noch Redakteure gegeben hätte, die sie ohne Formatzwänge dem Publikum vorstellten …“ Schöne alte Welt ohne Formatzwänge, komm zurück mit der Deutschquote! […]

Eine Anmerkung abschließend: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist bereits in hohem Maße Kultur- und Informationsträger. Wer allerdings Sender mit D vorne oder Ziffern ab 3 aufwärts hinten ignoriert, beraubt sich eines guten Grundes für die Rundfunkgebühren. Die Werke von Frau Meinecke sind mir dort allerdings noch nicht wissentlich begegnet. ULRICH SCHWARZ, Kiel

Machen wir uns nichts vor: In der Musikbranche wird nicht Musik, sondern Wiedererkennungswert vermarktet. Anders sind Retortenbands und Castingshows, die darauf hinauslaufen, dass Teenies ihre Begabung mit etwas Fleiß konsumieren können, nicht denkbar. Das haben die Musikvermarkter seit mindestens drei Jahrzehnten erkannt, und deswegen haben sich auch MTV und Viva etabliert. […]

Künstlerisch wirklich neue und wertvolle Musik gibt es legal und kostenlos im Internet, nur findet man sie nicht, weil viel zu viel Musik kostenlos angeboten wird! Das Problem der Tonträgervermarkter ist, dass sie konsequent auf zu wenige Bands mit zu riesigem Ertrag gesetzt haben. Das hat an der Börse unerfüllbar hohe Erwartungen geschaffen. So gesehen, ist die Forderung nach einer nationalen Musikquote bei Radiosendern nichts anderes als die Forderung kostenloser Werbung für nationale Bands, also einer Subvention. Genau diesen Kostenvorteil hätte man sich noch vor 20 Jahren mit Schutzzöllen verschafft. Brauchen wir wirklich Schutzzölle zu Gunsten von Dieter Bohlen, der keine Gelegenheit auslässt, zu sagen, wie gerne er Geld verdient? AUREL JAHN, Darmstadt

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