: Über Kopfprämie zur Bürgerversicherung
Auch die Grünen zanken sich auf ihrem Parteitag um die perfekte Gesundheitsprämie. Ab heute wollen sie die Kopfpauschale ablehnen, um eine mittelschichtsverträgliche Krankenversicherung zu bekommen. Wo liegt die Beitragsbemessungsgrenze?
VON ULRIKE WINKELMANN
„Eine für alle.“ So soll die Marke heißen, mit der die Grünen dem Volk bis zur Bundestagswahl eine Bürgerversicherung schmackhaft machen wollen. Auf dem heutigen Parteitag in Kiel müssen sie sich allerdings erst einmal auf „Eine von vielen“ einigen. 30 Anträge liegen vor, um das perfekte Modell einer Krankenversicherung zu schaffen.
Die Grünen müssen in Kiel Grundsatzentscheidungen fällen. Zum Beispiel, ob man statt der Bürgerversicherung nicht doch lieber die Kopfpauschale will. So fordert es der Quertreiber Oswald Metzger. Der ehemalige Bundestagsabgeordnete hat 20 schwäbische Freunde hinter sich gebracht und verlangt nun eine Einheitsprämie statt einkommensbezogener Krankenkassenbeiträge – ähnlich wie CDU-Chefin Angela Merkel.
Einen Unterschied zwischen Merkels und Metzgers Plänen gibt es jedoch: Metzgers Kopfpauschale müssten auch Selbständige, Beamte und Gutverdiener bezahlen, die sich bislang in die private Versicherung verabschieden konnten. „Ich bin selbst privat versichert“, sagte Metzger zur taz. Er sei, will er sagen, bereit, ein Privileg zu opfern.
Doch mittlerweile sind die Fronten fest gefügt: „Wir wollen die grüne Bürgerversicherung gegen Frau Merkels Kopfpauschale durchsetzen“, schreibt der Bundesvorstand in seinem Leitantrag. Und ein grünes Modell muss zwar eigenständig, aber gleichzeitig passgerecht für einen Kompromiss mit der SPD werden. Wohl deshalb verwendet der Bundesvorstand an entscheidenden Stellen Gummiformulierungen: Die Idee der SPD, die Bürgerversicherung mit einem Steueraufschlag auf Kapitalerträge zu finanzieren, sei „zu prüfen“. Genauso geht es mit der Überlegung, ob Lohn und Kapital nicht in zwei getrennten „Säulen“ erfasst werden sollen.
Leitgedanke ist, dass die Beiträge zur Bürgerversicherung nicht nur vom Lohn, sondern auch von Kapitaleinkünften abgezogen werden sollen. So werden Arbeitnehmer entlastet. Denn wer bloß Lohn bekommt, für den sinken die Beiträge. Wer Börsen- oder Zinsgewinne hat, zahlt davon erstmals Beiträge.
Die Frage ist nun, ob Lohn und Kapitaleinkünfte in einer Säule zusammengefasst werden – und bis zu einer Obergrenze (der Beitragsbemessungsgrenze, heute bei 3.490 Euro), belastet werden. Oder ob Lohn hier, Kapitaleinkünfte da, getrennt in „zwei Säulen“ bis zu einer je eigenen Obergrenze belastet werden. Das Zwei-Säulen-Modell bietet die Möglichkeit, Gutverdienern mit über 3.490 Euro Monatslohn, aber ohne Kapitaleinkünfte, zu signalisieren, dass sie in der Bürgerversicherung nicht stärker belastet würden als heute. Deshalb ist es der nicht ganz heimliche Favorit des Bundesvorstands.
Dagegen haben jedoch die Grüne Jugend und einige grüne Sozialpolitiker bereits Widerstand angemeldet, den sie bei der Diskussion am Sonntagmorgen ventilieren werden: Sie wollen eine Säule mit dem Beitragsbemessungsdeckel bei 5.150 Euro. Das dürfte nicht wenigen, die zwischen 3.490 und 5.150 Euro Lohn bekommen, Angst machen.