: Schweizer Bankiers in Berlin unter Druck
Bundestag befragt Banker über Steuerhinterziehung und Steueroasen: Ein Vertreter der schweizerischen Bankiervereinigung lehnt schärfere Gesetze in Deutschland ab. Andere Experten fordern mehr „Drohpotenzial“
BERLIN taz ■ Urs Philipp Roth von der schweizerischen Bankiervereinigung besuchte Berlin am Mittwoch zu einem eher unangenehmen Termin. Der grauhaarige Herr musste die Schweizer Geldinstitute gegen den Vorwurf der Beihilfe zur Steuerhinterziehung verteidigen. Er stand im Mittelpunkt der Anhörung, die der Bundestag anlässlich der Debatte über Steueroasen anberaumt hatte.
Die Abgeordneten der großen Koalition, aber auch der Opposition, wollten unter anderem die Frage klären, ob Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) mit seinem Gesetzentwurf gegen Steueroasen richtig liegt. Steinbrück plant, Privatleuten und Unternehmen steuerliche Nachteile für den Fall anzudrohen, dass sie mit Steueroasen Geschäfte machen und diese ihrem Finanzamt verheimlichen. Bislang liegt die Regelung auf Eis, denn die Union lehnt sie ab.
Auf Fragen des SPD-Finanzexperten Lothar Binding antwortete Bankiersvertreter Roth, dass sich Schweizer Institute wie die UBS „nicht systematisch“ an Steuerhinterziehung beteiligen würden. Käme es doch zu Verstößen, wie in der Vergangenheit von US-Behörden nachgewiesen, so handele es sich um Missgriffe „einzelner Mitarbeiter“ der Banken. Falsch sei auch, so Roth, dass eidgenössische Institute jegliche Auskünfte gegenüber deutschen Finanzämtern und Strafverfolgern verweigerten. In Fällen von Steuerbetrug sei die Schweiz schon bisher kooperativ, und künftig werde man auch bei Steuerhinterziehung Rede und Antwort stehen.
Insofern, mahnte der Schweizer Bankvertreter, sei Steinbrücks Gesetz erstens unnötig und zweitens schädlich für Unternehmen. Sowohl Firmen in der Schweiz als auch in Deutschland könnten ihre Kontakte zum Nachbarland reduzieren, wenn sie in den permanenten Verdacht der Steuerhinterziehung gerieten.
Gegen diese Position argumentierten Steuer-Professor Lorenz Jarass von der Fachhochschule Wiesbaden und Dieter Ondracek, der Chef der Steuergewerkschaft. Steinbrücks Gesetzesvorhaben sei richtig, so Jarass: Man brauche „Drohpotenzial“, um nichtkooperative Staaten wie die Schweiz vom Weg der Steuerhinterziehung abzubringen. Die deutsche Steuerfahndung könne nicht länger auf den Zufall warten, „Sanktionen sind notwendig“, fügte Ondracek hinzu.
Ob und wann das Bundeskabinett über den Gesetzentwurf aus Steinbrücks Ministerium entscheidet, ist unklar.
HANNES KOCH