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Archiv-Artikel

Ab 1.1. droht Bremen die Haushaltssperre

Finanzsenator schlägt Alarm: Alle Ressorts melden, dass sie ihre Etats nicht einhalten können. Das Sanierungs-Musterland Bremen kann auch Vorgaben des Finanzplanungsrates nicht einhalten. Laufende Ausgaben steigen um mehr als 0,5 Prozent

bremen taz ■ Der Bremer Senat muss sich heute wieder um das liebe Geld streiten. Die Beschlüsse für den Haushalt 2004/2005 sind gerade zwölf Wochen alt, da wird deutlich: So geht es nicht. Der Finanzplanungsrat des Bundes und der Länder hat für das Jahr 2004 die Vorgabe gemacht, dass die laufenden Ausgaben (ohne Investitionen) nur um 0,5 Prozent steigen dürfen. Nach der derzeitigen Prognose wird Bremen gegen diese Vorgabe dieses Jahr verstoßen. Und wenn das Haushaltsgebaren so weitergeht – so droht der Finanzsenator in einer Beschlussvorlage, die am heutigen Dienstag als „Tischvorlage“ zur Behandlung kommt –, dann gibt es eine „allgemeine Haushaltssperre ab 1. Januar 2005“.

Nach dem Controlling-Bericht für das erste Halbjahr 2004 ist absehbar, dass Mehrausgaben „in einer vorläufigen Größenordnung von bis zu 31,3 Millionen Euro gegenüber den von der Bremischen Bürgerschaft am 29. Juni 2004 beschlossenen Haushalten bestehen“, heißt es in der Berechnung des Finanzsenators. So war der Innensenator bei den Haushaltsberatungen verpflichtet worden, irgendwo in seinem Ressort eine Million Euro einzusparen, „globale Minderausgabe“ heißt das. Kann er nicht, hat er jetzt dem Senat mitgeteilt. Im Gegenteil, das alte TÜV-Gelände „Bei den drei Pfählen“ konnte wegen Altlasten nicht wie geplant für 3,3 Millionen verkauft werden, sondern wird nur einen symbolischen Euro in die Kasse bringen. Und Bremerhaven fordert 2,3 Millionen mehr für seine Polizei-Personalkosten.

Auch Henning Scherfs Justizressort kann die „globale Minderausgabe“ (0,7 Millionen) nicht erbringen. Es hat Mehrkosten und Mindereinnahmen, 6,6 Millionen Euro fehlen. Sport und Kultur haben Defizite gemeldet, das Sozialressort meldet vorsorglich sieben Millionen an. Auch der Bausenator braucht 6,8 Millionen mehr für seine Wohngeldempfänger und kündigt an, dass die „globale Minderausgabe in Höhe von rund 3,6 Millionen Euro nicht erwirtschaftet werden kann“. Das Wirtschaftsressort meldet bescheiden nur ein Defizit von einer Million Euro. Große Defizite wie die 50 Millionen Euro zusätzlich für die Gewerbebrachen in der Hemelinger Marsch werden außerhalb des Haushalts versteckt und auf spätere Jahre vertagt.

Es gibt auch gute Nachrichten: Für Zinsen hat das Finanzressort sechs Millionen Euro weniger ausgegeben. Um dieses Geld ist großer Streit entbrannt – wird es an alle verteilt oder verbleibt es im Finanzressort wie eine unerwartete Einsparung? Der Senat muss da heute einen Kompromiss finden, da die Staatsräte gestern sich nicht einigen konnten.

Was also tun? Die absehbare Steigerung der laufenden Ausgaben – die sechs Millionen schon abgerechnet – übersteigt die erlaubten 0,5 Prozent um 23 Millionen. Die will der Senat nach einem „Quotenmodell“ schlicht auf die Ressorts verteilen. Am Ende der Tabelle, die dem Senat heute vorliegt, steht auf diese wunderliche Weise dann eine schöne runde Null. Wie die Ressorts das machen, ist ihre Sache. Ob sie es schaffen, wird man später sehen. Problem gelöst, Defizit vertagt. In der Haushaltsrechnung sind übrigens die fünf Millionen Euro enthalten, die die Eon an Bremen zwecks Ablösung vertraglicher Rechte überwiesen hatte: „Diese Budgetverbesserung steht noch in Höhe von 4.500 Euro zur Verfügung“, heißt es in dem Controllingbericht. Weg sind nur die 500.000 Euro, die freihändig an die Grass-Stiftung weitergeleitet wurden.

Klaus Wolschner