: Streit um französische Vermittlung im Irak
In einer angeblichen Privataktion bemühte sich der Abgeordnete Julia um die Befreiung zweier Journalisten
PARIS taz ■ Ganz Paris drischt auf einen rechten Hinterbänkler ein. Didier Julia, Abgeordneter der Präsidentenpartei UMP, hat versucht, die beiden seit 46 Tagen im Irak entführten französischen Journalisten zu befreien. Mit undurchsichtigen Methoden und ebensolchen Helfern. Unter anderem waren der ivoirische Staatspräsident Laurent Gbagbo, der syrische Geheimdienst und ein französischer Ex-Fallschirmspringer und Leibwächter für einen Rechtsextremen an der Aktion beteiligt.
Hinterbänkler Julia, der langjährige Beziehungen zu Saddam Husseins Baath-Partei hat, will auf eigene Faust gehandelt haben. Doch seit gestern heißt seine Aktion in Paris nur noch: „Fiasko“. Heute muss er sich vor dem Parlament erklären. SprecherInnen sämtlicher Parteien werfen ihm „Verantwortungslosigkeit“ vor. Unterdessen sind Christian Chesnot und Georges Malbrunot immer noch nicht aufgetaucht. Die Verbindung zu den beiden im Irak entführten französischen Journalisten scheint komplett abgebrochen.
Über das Zustandekommen der Aktion von Julia ist wenig bekannt. Fest steht, dass der 70-jährige Abgeordnete in der vergangenen Woche nach Damaskus gereist ist. Und dass er erklärt hat, die Befreiung von Chesnot und Malbrunot zu betreiben. Ende vergangener Woche behauptete er, sie befänden sich in „sicheren Händen“, womit er einstige Gefolgsleute von Saddam Hussein meinte. Er kündigte ihre „unmittelbar bevorstehende“ Befreiung an. Und sagte, deren Gelingen hinge lediglich davon ab, ob die USA bereit wären, einen „Luftkorridor“ (ohne Bomben) für diesen Zweck einzuhalten.
Parallel gab Julias Mitarbeiter vor Ort, der Ex-Fallschirmjäger und Ex-Leibwächter Philippe Brett, Telefoninterviews. Am Freitag behauptete er, bis auf 25 Meter an die beiden Journalisten herangekommen zu sein, nur durch eine Reihe von „Widerstandskämpfern“ von ihnen getrennt.
Außer Brett gibt es dafür keine Augenzeugen. Für das Scheitern der Übergabe der beiden Geiseln, wobei angeblich sechs Männer, die sie „schützen“ sollten, umgekommen seien, machte Brett US-Bomben verantwortlich. US-Sprecher bestreiten das.
Ob die Julia-Aktion tatsächlich eine „Privat-Mission“ war, ist umstritten. Die Zeitung Le Monde berichtet heute, dass die Regierung in Paris sowie der Staatspräsident informiert waren.
Zu Anfang der Geiselnahme hatten alle französischen Parteien und zahlreiche religiöse SprecherInnen die Entführung unisono verurteilt. Unter anderem reisten die Chefs des französischen Muslimrates nach Bagdad, während Außenminister Michel Barnier durch die arabische Welt tourte, um Verbündete für die Freilassung von Chesnot und Malbrunot zu finden. Wenige Wochen später hat die italienische Regierung die französische Reaktionsweise kopiert: Die beiden italienischen Geiseln sind seither frei gekommen. Von den beiden Franzosen immer noch keine Spur. DOROTHEA HAHN