: Das Bauklötzchen
Kai Pflaume moderiert für Sat.1 alles, was Quote bringen soll – jetzt auch noch „Die Lego Show“. Castingshows allerdings gehen ihm zu weit
von SILVIA HELBIG
Bombastisch, gigantisch, großartig soll sie sein – die Fernsehunterhaltung am Samstagabend. Am liebsten mit vielen Promis, süßen Kindern und was zum Spielen. Retro ist super, ein bisschen Action wäre auch prima und nicht zu vergessen: Wetten. Wegen der Spannung! Meine Damen und Herren, hier ist sie: die große Sat.1-„Lego Show“ – die bisher größte Event-Show des Senders überhaupt! Natürlich nicht ohne den passenden Moderator für quotenträchtiges Familienprogramm: Kai Pflaume.
Er macht den Job, den in der ARD Jörg Pilawa und bei RTL Oliver Geissen stemmen: den massenkompatiblen Allzweckmoderator – irgendwie ganz jungenmäßig nett, aber auch keine besondere Ausstrahlung. „Nett und keine Kanten, das sind die Eigenschaften, die man erfüllen muss, um konstant im Geschäft zu bleiben“, so kontert Pflaume, was seinen Ruf als schaler Softie betrifft.
Tatsächlich ist der kleinste gemeinsame Nenner die große Nummer im Moderatorengeschäft: „Die Chance deines Lebens“ und „Deutschlands wahre Helden“ nennen sich die aufgeblasenen Formate, die Kai Pflaume profimäßig menschelnd moderiert. Mit dem Sat.1-Castingformat „Star Search“ hat er sogar den sendereigenen Quotenrekord aufgestellt. 7,2 Millionen Zuschauer sahen das Finale, in dem der smarte Pflaume den aktuellen Chartstürmer Martin Kesici zum Sat.1-Superstar kürte. An diesem Wochenende geht der Moderator gleich mit zwei Formaten auf Sendung: Sonntag um 19 Uhr mit einer weiteren Staffel des Dauerbrenners „Nur die Liebe zählt“, am Samstag zur Primetime um 20.15 Uhr mit der „Lego Show“.
Sie soll ein ganz großes Ding werden, weshalb man auch ein riesiges Ding angemietet hat: die Cargolifter-Halle bei Berlin. Sie ist die größte freistehende Halle der Welt. Und damit die hier aufgezeichnete „Lego Show“ nicht zu sehr nach Werbung riecht, hat das Ganze auch einen karitativen Touch. Promis wie Otto Waalkes spielen um Autos voller Legosteine, die an Kindereinrichtungen im ganzen Land gespendet werden sollen. Zum Schluss wird es noch einen abgefahrenen Stunt im Lego-Auto über fünf Lkws geben.
Mit überflüssigen Action-Spielchen hat Pflaume keine Probleme. Eindeutig zu weit gehen dem zweifachen Vater die Peinlichkeiten heutiger Castingshow-Formate. Zumindest mahnt Pflaume dies an, seitdem er verstärkt Konkurrenz bekommen hat. Schließlich brüstet er sich, das Emotainment (Unterhaltung mit echten Emotionen) mit seiner Sendung „Nur die Liebe zählt“ quasi erfunden zu haben. Tatsächlich war das Kuppel-Format 1993 die erste Sendung, die Peinliches aus dem wirklichen Leben zeigte. Pflaumes Einordnung der Show-Welt sieht anders aus: „Ich glaube, „Star Search“ war viel menschlicher als die anderen Shows. Ich kann nichts gegen RTLs „Deutschland sucht den Superstar“ sagen, das klingt nach Neid. Aber ich finde das Vorführen von Menschen dort unangenehm.“
Wie ein glitschiger Fisch entgleitet der 37-jährige gebürtige Sachse immer wieder den Netzen, die man auswirft, um ihn differenzierter zu charakterisieren. Ja, manchmal seien Event-Shows übertrieben. Stimmt, Menschen im Fernsehen vorzuführen sei nicht so toll. Sogar der Ungerechtigkeit, dass es keine Moderatorinnen mehr in der Fernsehunterhaltung gibt, stimmt er unbedingt zu. Schöneberger-Show abgesetzt? Ja, die Barbara sei zu speziell.
Dabei weiß er ganz genau, weshalb Newcomer kaum eine Chance haben und die immer gleichen Gesichter die TV-Kanäle verstopfen: „Das hängt mit der wirtschaftlichen Gesamtlage zusammen. Jeder spart und setzt auf Bewährtes. Kein Sender will Risiken eingehen mit neuen Moderatoren.“ Pech für uns, Glück für Pflaume.