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Archiv-Artikel

„Es mag vielleicht an meinem Alter liegen“

Der Juraprofessor Uwe Wesel erklärt, warum er in einer Zeitungsannonce um Unterstützung für Hartz IV geworben hat. Zum Kanzlerkurs gibt es für den Linken, der einst aus der SPD ausgeschlossen wurde, „keine vernünftige Alternative“

taz: Herr Wesel, dieser Tage erschien in einer großen Tageszeitung ein Aufruf zugunsten von Hartz IV. Zu den Unterzeichnern zählte auch ein gewisser Uwe Wesel …

Uwe Wesel: Ja, das bin ich wirklich. Auch Freunde haben mich schon ungläubig angerufen.

Was haben Sie diesen Freunden denn gesagt?

Was Schröder macht, ist richtig. Natürlich gibt es Härten. Aber wir haben nun mal schwierige Zeiten, und ich möchte, dass in diesen schwierigen Zeiten die SPD die notwendigen Reformen macht. Mit der CDU würden die nötigen Umbrüche viel härter.

Sie galten doch mal als radikaler Linker?

Ich selbst hätte mich in eine solche Schublade nie einsortiert. Das Etikett „links“ ist mir angeheftet worden. Zugegeben: Später habe ich diese Identität auch angenommen.

Was ist links an Hartz IV?

Diese Frage ist doch irrelevant. Gegen die Globalisierung und ihre Folgen sind wir machtlos. Einigermaßen sozial können wir darauf nur reagieren, wie es die SPD derzeit tut. Dass ich die Dinge so sehe, mag vielleicht an meinem Alter liegen.

Und wo bleibt die Vision?

Ich bin gern bereit, mit klugen Leuten ein Programm für die nächsten hundert Jahre zu entwerfen. In den nächsten zwanzig Jahren werden wir aber keine vernünftigen Alternativen zum derzeitigen SPD-Kurs haben.

Sie rufen zu Resignation auf?

Von wegen! Ich will nicht, dass Schröder abgewählt wird, nur weil er auf die Anforderungen dieser Zeit reagiert. Außerdem stört es mich sehr, dass die Populisten bei PDS und NPD davon profitieren, dass die SPD die richtige Politik macht.

Außer Ihnen haben fast nur ausgesprochene Kanzlerfreunde und Wirtschaftsbosse unterschrieben. Sind Sie das linke Aushängeschild?

Ich bin der Renommierlinke, natürlich. Aber das ändert doch nichts an meinen Motiven.

Zählt zu den Motiven auch, dass Hartz IV keinen der Unterzeichner jemals treffen wird – weder den Exmanager Gerd Schulte-Hillen noch den Nobelpreisträger Günter Grass?

Auch nicht den Juraprofessor Uwe Wesel, gewiss. Aber auch wir sind das Volk, und wir sind sehr wohl berechtigt, unsere Meinung zu sagen.

INTERVIEW: DANIEL SCHULZ