: Wahl des Mister Integration
Die Revier-Städte bewerben sich um die beste Integrationspolitik im Bund. Essen und Dortmund haben große Chancen auf den Preis, Oberhausen und Herne sind schon froh, „dabeizusein“
VON NATALIE WIESMANN
Die Integration von Zuwanderern wird im Ruhrgebiet zur lukrativen Aufgabe: An dem von Bertelsmann-Stiftung und Bundesinnenministerium ausgeschriebenen Wettbewerb „Erfolgreiche Integration ist kein Zufall“ haben sich mehr als ein Dutzend Städte und Gemeinden im Ruhrgebiet beteiligt. Am 25. Oktober wählt die Jury, der die SPD-Bundestagsabgeordnete Lale Akgün aus NRW vorsitzt, unter den 105 Bewerbern bundesweit die vorbildlichsten 20 Kommunen aus. Im Juni soll dann die endgültige Siegerin feststehen. Sie erhält ein Preisgeld in Höhe von 50.000 Euro.
Die Revierstädte stehen im bundesweiten Wettbewerb gut da. „Essen und Dortmund haben beeindruckende Bewerbungen geschickt“, verrät Projektleiterin Claudia Walther der taz. Essen sieht sich selbst als Vorreiterin in der Integrationspolitik. Seit fünf Jahren betreibe seine Stadt ein interkulturelles Konzept, das bundesweit Anklang finde, sagt Helmuth Schweitzer, Leiter der Regionalstelle zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Zuwanderungsfamilien. „Wir werden überall hin eingeladen und finden viele Nachahmer“. Charakteristisch an Essens Vorstellung von Integration sei, dass nicht die Stadtverwaltung, sondern Akteure aus allen gesellschaftlichen Bereichen das Projekt mitentwickelten. „Es geht nicht darum, Schmuddelkinder zu bespaßen und auch nicht nur darum, Migrantenkindern Deutsch beizubringen.“ Vielmehr wolle man die Chancen einer gleichberechtigten multikulturellen Gesellschaft in den Vordergrund stellen.
Dortmund hat sich mit dem Stadtteilprojekt „ProRespect“ beworben, das erst im nächsten Jahr starten soll. „Wir wollen eine Vernetzung aller Akteure erreichen“, sagt Stadtsprecherin Anke Widow.
In das Projekt sollen auch Jugendliche mit einbezogen werden, die zuvor in Trainings-Workshops ihre Vorstellung von Toleranz und Integration erarbeiten. Die Einbeziehung der Migranten und die Entwicklung von umfassenden Integrationsstrategien entsprechen den Vorstellungen der Organisatoren. „Wir wollen keine Klein-Klein-Maßnahmen ausloben“, sagt Walther von der Bertelsmann-Stiftung. Eine gelungene Integration müsse als Querschnittsaufgabe aufgefasst werden. Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels werde Integration auch immer mehr zum Standortfaktor. „Das Ruhrgebiet mit seiner langen Einwanderungserfahrung könnte hier Vorbild werden“.
Von den Großstädten im Revier haben sich noch Duisburg, Gelsenkirchen und Oberhausen beworben. Als Kleinstädte ringen außerdem Hamm, Unna und Herne um das Preisgeld von 50.000 Euro. Als einziger Kreis tritt Mettmann an.
Michael Barszap, der in Herne das Koordinierungsbüro für Migration und Integration leitet, sieht seine Stadt bei dem Wettbewerb „nicht unter den ersten drei“, weil sie noch am Anfang einer stadtübergreifenden Integrationspolitik stehe. Doch die vor kurzem von allen Parteien im Rat beschlossene „Integrationsoffensive“ habe gezeigt, „dass der politische Wille vorhanden ist“. Herne ist dabei, als Modellprojekt des Landes die Behörden für unternehmerische Migranten und Migrantinnen transparenter zu gestalten. Bundesweite Aufmerksamkeit erreichte die Kleinstadt mit ihrer Einbürgerungspraxis: Jeder frisch Eingedeutschte wird vom Oberbürgermeister himself in die Stadtgemeinschaft aufgenommen.
Auch für die Stadt Oberhausen scheint bei ihrer Bewerbung der Weg das Ziel zu sein. „Wir streben nicht nach dem Preisgeld“, sagt Apostolos Tsalastras, Beigeordneter der Stadt für Jugend und Soziales. „Wir wollen den Austausch mit anderen Kommunen, die sich engagieren“. Für Anregung soll auch ein Handbuch sorgen, in dem die Bertelsmann-Stiftung die Strategien der Bewerber zusammenfassen will.