: Irakkriegs-Gegner verlieren die Wahl
Australiens Konservative bleiben unter John Howard an der Macht und damit die australischen Soldaten im Irak
MELBOURNE taz ■ Überraschend deutlich hat die konservative Regierung von Premierminister John Howard die Parlamentswahlen zum vierten Mal in Folge gewonnen. Nach den letzten Zählungen gewann die Koalition aus Liberaler und Nationaler Partei 46 Prozent der Primärstimmen. Das entspricht einem Zugewinn von 3,5 Prozentpunkten und dürfte zu 86 der 150 Parlamentssitze führen. Mit den Worten „Das war heute nicht unser Tag“ räumte Oppositionsführer Mark Latham die Niederlage ein. Seine Labor-Partei bekam nur 38,3 Prozent der Primärstimmen und kommt wohl auf 58 Abgeordnete im Repräsentantenhaus. Howards Regierung wird wohl auch im bisher von der Opposition kontrollierten Senat eine Mehrheit bekommen.
Die Wahlen wurden im Ausland mit besonderem Interesse verfolgt, weil Latham bei einem Sieg die etwa 850 noch verbliebenen australischen Soldaten aus dem Irak abziehen wollte. Eine Mehrheit der Australier lehnte die Beteiligung ihre Landes am Irakkrieg ab. US-Präsident George W. Bush, der sich durch den Sieg seines Freundes Howad ermuntert fühlt, zählte jetzt zu dessen ersten Gratulanten.
Der Irakkrieg war jedoch nicht wahlentscheidend. Schon der Wahlkampf drehte sich eher um Gesundheits-, Bildungs- und Steuerpolitik, zudem standen die Persönlichkeiten der beiden Spitzenkandidaten im Mittelpunkt. „Latham ist politisch noch zu unerfahren“, kommentierten viele Wähler beim Urnengang. Dem 22 Jahre älteren Howard wurde zugute gehalten, Wirtschaftsverhältnisse geschaffen zu haben, die die Masse der Bevölkerung besser leben lässt als je zuvor. So ist die Arbeitslosigkeit niedrig, das Wirtschaftswachstum hoch und der Staatshaushalt im siebten Jahr in Folge im Überschuss. Der unbekannte 43-jährige Latham erschien so gegen den drögen, aber soliden Howard als das größere Risiko.
So gelang es Howards Mannschaft, Angst vor einer Steigerung der Hypothekenzinsen bei einem Labor-Sieg zu schüren. Das würde viele hoch verschuldete Mittelschichtfamilien direkt treffen. Auf der anderen Seite köderte Howard die Wähler mit vielen Wahlversprechen. Das tat zwar auch Labor, doch zum Teil galten Howards Versprechen als etwas seriöser.
Latham war erst seit Anfang des Jahres Fraktionschef. Er hatte der stagnierenden Partei neues Leben injiziert und eine allgemein ansprechende sozialpolitische Agenda vorgelegt. Anders als bei früheren Niederlagen bestehen bei Labor jetzt keine Überlegungen, den Fraktionschef auszuwechseln.
Labor verlor unerwartet in acht Wahlkreisen Sitze an Howards Koalition, zum Teil als Ergebnis eines Protestvotums in den von Labor regierten Bundesstaaten. So etwa in dem als traditionell rot geltenden Victoria, dessen Regierungschef Steve Bracks es bisher nicht verstand, mit der Bundesregierung in Canberra konstruktiv zusammenzuarbeiten, und deshalb auf substanzielle Zuwendungen verzichten musste.
Entscheidend für die Labor-Schlappe war gegen Ende des Wahlkampfes die „Schlacht“ um die Erhaltung der Urwälder auf der Insel Tasmanien. Labor hatte sich hier mit der Grünen verbündet und einen Plan zum Baumschutz vorgelegt. Einen Tag später preschte Howard vor und versprach den hunderten von Holzfällern den Schutz eines nur kleinen Teils der Wälder, dafür aber die dauerhafte Erhaltung ihrer Arbeitsplätze. Die sonst mit Labor liierten Gewerkschaften der Holzfäller feierten Howard, der damit Latham ausmanövierte.
Die Allianz zwischen Labor und den Grünen zahlte sich für Latham nicht aus. Dagegen legten die Grünen von 5 auf 7 Prozent zu und konnten sich damit landesweit als drittstärkste Partei etablieren.
Größte Verlierer sind die Demokratische Partei, die aufgrund von Führungsproblemen implodierte, und die rechtspolitische Partei „One Nation“ von Pauline Hanson. Beide Parteien verschwanden von der parlamentarischen Bildfläche. Dagegen hatte die rechtsextreme, kirchenverbundene Partei „Family First“ ein erfolgreiches Debüt und erwartet, einen Abgeordneten im Senat zu stellen.
BORIS B. BEHRSING