Jacques Derrida ist tot. Oder?

Der französische Philosoph und Theoretiker erklärte jeden Anspruch auf Wahrheit zur Fiktion. Verlässliche Erkenntnis existierte für ihn nicht. Es zählten nur Interpretationen und Widersprüche

Es braucht komplexe Gedanken, um das Ende aller Theorie zu begründen, Wahrheit zur Fiktion zu erklären. Mit seiner Methode der Dekonstruktion trat der französische Philosoph Jacques Derrida den jahrhundertealten Anspruch abendländischen Denkens, objektiv gültige Aussagen treffen zu können, in die Tonne. Während die einen ihn deshalb für einen Scharlatan hielten, dem es nur um die effekthascherische Unterminierung der westlichen Tradition gehe, umarmten ihn die anderen begeistert und feierten sein Konzept, mit und gegen einen Text dessen interne Widersprüche herauszuarbeiten. Leicht machte er es niemandem. Am Samstag starb Jacques Derrida im Alter von 74 Jahren in Paris an einem Krebsleiden. Der Tod war eines der wenigen Dinge, die er nicht hinterfragte. Zu Lebzeiten war Derrida ein großer Freund von Nachrufen und Grabreden. SEITE 3 und 4