: Verleger in Verlegenheit
Fusionsgesetz für den Zeitungsmarkt soll erneuert werden, doch Verlage streiten über das Wie: Soll das Kartellamt weniger Macht erhalten – oder gar keine mehr?
BERLIN taz ■ Eigentlich wollten Deutschlands Zeitungsverleger heute Einigkeit demonstrieren und ein gemeinsames Papier zum künftigen Kartellwesen im Pressebereich beschließen. Doch daraus wird wohl nichts. Zwar rang man gestern Nachmittag noch beim Verleger-Verband BDZV (Eigenwerbung: „Herausgeber der deutschen Tagespresse“) weiter um einen Kompromiss. Doch die Gräben sind zu tief, die Konstellation dagegen denkbar einfach: kleine Verlage gegen mittlere und beide zusammen gegen die großen Konzerne.
„Nach 30 Jahren muss das Gesetz zur Pressefusionskontrolle novelliert werden“, sagt BDZV-Präsident Helmut Heinen, darüber herrsche Konsens. Doch die Großverlage fordern eine weitgehende Abschaffung der seit 1976 gültigen Regeln, die den Konzentrationsprozess im Tageszeitungsmarkt verlangsamen sollen. Nach dem bisher weitreichendsten Entwurf aus dem Stuttgarter Holtzbrinck-Verlag (Zeit, Handelsblatt, diverse Regionalblätter) soll die so genannte Presserechenklausel ersatzlos gestrichen werden. Die Klausel verweist die Fusionen bereits ab 25 Millionen Euro Umsatz der beteiligten Unternehmen an das Kartellamt. Zum Vergleich: In anderen Branchen liegt die Kartellgrenze bei 500 Millionen Euro. Außerdem regt der Konzern einen Gummiparagrafen an, der Fusionen auf dem Zeitungsmarkt generell vom Kartellverbot ausnehmen würde, „wenn sie der Rationalisierung wirtschaftlicher Vorgänge dienen“.
Nicht nur kleine Verlagshäuser wittern dahinter Expansionslust der Branchengrößen von WAZ bis Springer, die nach heutiger Regelung de facto keine Zeitungen in Deutschland mehr zukaufen können. „Eine Änderung oder Abschaffung des Pressefusionsgesetzes würde in die falsche Richtung gehen“, meint etwa Hermann Balle, Verleger des Straubinger Tagblatts. Für ihn wie für viele mittlere Häuser, die aufgrund der heutigen Auflagen ebenfalls am weiteren Auf- oder Ausbau regionaler Monopole gehindert sind, wäre eine Erhöhung der Kartellschwelle auf 50 oder gar 100 Millionen Euro wünschenswert. Dann könnten sie ihre Position zu Lasten kleinerer, oft noch als reiner Familienbetrieb arbeitender Lokal- und Heimatzeitungen stärken.
Doch obwohl die mittleren Verlage im BDZV die Mehrheit stellen, gilt auch dieser Vorschlag als chancenlos. Denn die „Großen“ kämen weiterhin nicht zum Zuge. „Das ist uns deutlich zu wenig“, soll ein Holtzbrinck-Sprecher bereits gesagt haben.
BDZV-Präsident Heinen, nebenbei Verleger der vom Du-Mont-Konzern abhängigen Kölnischen Rundschau, wittert die Gefahr dagegen ganz woanders: Falls die Politik als Gegenleistung für eine liberalisierte Kartellgesetzgebung „Zugeständnissen bei unserer publizistischen Autonomie“ fordere, plädiere er „nachdrücklich dafür, auf die Novellierung des Kartellrechts zu verzichten“. STG