: Gabi Zimmer wird Antikommunistin
Die frühere PDS-Chefin wird wegen ihres kubakritischen Textes in der „Feindes-taz“ in ihrer eigenen Partei beschimpft
BERLIN taz ■ Es ist bis heute nicht geklärt, ob eigentlich ein spezielles Gen dafür verantwortlich ist, dass Politiker grundsätzlich lieber ihren Parteifreund bekämpfen als ihren Gegner. Keine Partei auf diesem Planeten ist davon ausgenommen. Besonderen Gefallen an diesem Kampfsport finden immer wieder die Linken, auch die deutschen. Jüngstes, nun ja, Opfer ist die ehemalige PDS-Chefin Gabi Zimmer. Gestern war sie noch die „Vorsitzende der Herzen“ – heute wird sie von ihren eigenen Genossen als „arrogante antikommunistische Irrläuferin“ beschimpft.
Schuld daran ist die taz. Genauer gesagt die Bild-Zeitung. Ganz genau gesagt Bild-Chefredakteur Kai Diekmann.
Als die taz anlässlich ihres 25. Geburtstages vor vier Wochen ihre Lieblingsfeinde zum Zeitungmachen eingeladen hatte, traf Diekmann auch auf die von ihm vermutlich hoch geschätzte Ex-PDS-Chefin. Diekmann hatte sich kurzerhand zum Chefredakteur der Feindes-taz ernannt und den Aufmacher für die Politikseite vorgeschlagen: Fidel Castro verweigert Claudia Roth, der Menschenrechtsbeauftragten der rot-grünen Regierung, die Einreise nach Kuba. Zimmer übernahm freiwillig das Thema und schrieb eine geharnischte Castro-Kritik. „Mit Altersstarrsinn und Machtposen, mit einer Verweigerungshaltung gegenüber dem eigenen Volk, mit Trotz, der Realität ausblendet, hat noch kein Staat überleben können“, heißt es – in Erinnerung an das Ende der DDR – in ihrem Text. Überschrift: „Castro, Mauer auf!“
Da haben sie aufgeheult, die Kubafreunde in der PDS, die in der Arbeitsgemeinschaft „Cuba si“ seit Jahren ihren gedankenfreien Castro-Kult pflegen. Zuerst wurde Zimmer nur in den Leserbriefspalten des Neuen Deutschland angegriffen. Aber am Wochende wurde sie sogar auf dem Parteitag in Chemnitz rundgemacht. „Cuba si“ hatte an seinem Stand einen offenen Brief ausgelegt: Jeder konnte unterschreiben, dass Zimmer „Millionen Kubaner beleidigt“. Ihr Artikel in der taz strotze nur so „vor Emotionen und Hass“.
Sahra Wagenknecht, das Aushängeschild aller Kommunisten in der PDS, griff Zimmer sogar während der Programmdebatte an. „Gabi Zimmer erklärt den Kubanern die Welt, als seien sie ein Volk von Vorschulkindern“, sagte sie. Zimmer bekam von Wagenknecht auch noch ihr Fett weg, weil sie in dem Artikel den venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez als „Polithasardeur“ bezeichnet hatte. „Skandalös“, sagte Wagenknecht, die Venezuela gerade besucht hat und Chávez offenbar für einen Linken hält.
Zimmer antwortete Wagenknecht nicht scharf, aber entschieden und sozialistisch: „Aggressivität, Gewalt, Menschenrechtsverletzungen durch den politischen Gegner, den Klassenfeind, dürfen uns nicht dazu verleiten, Gleiches mit Gleichem zu vergelten.“ Sie kritisierte, dass „Bootsentführer“ in Kuba zum Tode verurteilt werden.
Nach dem Schlagabtausch ging Sahra Wagenknecht durch den Saal und sammelte Geld für einen Armenprojekt in Caracas, das von kubanischen Ärzten unterstützt wird. Niemand hat gesehen, ob Gabi Zimmer auch gespendet hat. JENS KÖNIG