: Sarrazin in Stellung
Finanzsenator bastelt an Verteidigung gegen Anklage. Ob er vor Gericht muss, klärt sich möglicherweise erst 2005
Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) geht in Stellung. Zwar entscheidet sich dem Vernehmen nach erst gegen Jahresende oder Anfang 2005, ob er in der Tempodromaffäre vor Gericht muss. Schon jetzt aber bastelt der SPD-Mann an seiner Verteidigung gegen den Vorwurf der Untreue. Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft hatte ihn Freitag erreicht. Damit war die Anklageerhebung offiziell abgeschlossen. Die 36. Strafkammer der Landgerichts hat zu klären, ob sie ausreichend Verdachtsmomente sieht und einen Prozess eröffnet.
Sarrazin und seine Verteidigerin Anke Müller-Jacobsen argumentieren damit, dass der Senator weder die Verfassung gebrochen habe, noch das Parlament hintergegangen, noch einen Vermögensschaden verursacht habe. Die Anklage hält Sarrazin vor, im Herbst 2002 einem 1,5-Millionen-Sponsoring der landeseigenen Investitionsbank (IBB) für das finanziell stark angeschlagene Tempodrom zugestimmt zu haben. Die Ankläger sehen darin verschenktes Geld, was ihrer Meinung nach auch dem Finanzsenator hätte klar sein müssen. Im April dieses Jahres gingen Tempodrom und Betreibergesellschaft konkurs. Durch Sarrazins „Ja“ als Mitglied im IBB-Ausschuss, einem Gremium des Aufsichtsrats der Landesbank Berlin, sei dem Land ein Vermögensschaden entstanden, zu Lasten des Schul- und Sportstättensanierungsprogramms, argumentiert die Anklage. Als Regierungsvertreter waren auch der damalige Stadtentwicklungssenator Peter Strieder und Wirtschaftsstaatssekretär Volkmar Strauch (alle SPD) an der Entscheidung beteiligt. Strieder trat im April zurück, gegen Strauch stellte die Staatsanwaltschaft wegen zu geringer Beteiligung die Ermittlungen ein.
Sarrazins Linie: Weder Verfassung noch Haushaltsrecht würden es vorschreiben, bei einem Sponsoring das Abgeordnetenhaus einzuschalten. Vor allem die Grünen-Fraktion hält Sarrazin vor, das Parlament bewusst umgangen zu haben.
Die Verteidigung beschränkt sich nicht darauf, unrechtmäßiges Handeln zu bestreiten. Sie geht vielmehr in die Offensive: Dem IBB-Sponsoring soll es mit zu verdanken sein, dass der Betrieb im Tempodrom – trotz Insolvenz – bis heute weiter läuft.
STEFAN ALBERTI