DIE UNTERSCHRIFTENAKTION DER UNION IST SCHON ALS IDEE GESCHEITERT: Die türkische Frage
Selten hat sich ein politischer Vorstoß so schnell als Flop entpuppt. Am Wochenende noch hatte das Führungstandem der Union den Vorschlag von CSU-Sprecher Michael Glos begrüßt, eine Unterschriftenaktion gegen einen EU-Beitritt der Türkei zu starten. „Eine vernünftige Idee“ nannte das Edmund Stoiber, für immerhin „möglich“ befand das Angela Merkel. Doch spätestens seit die NPD bei der Aktion mitmachen möchte, dürfte sich diese strategische Option endgültig erledigt haben.
Dazu kommt, dass eine Mehrheit in der Union und fast alle CDU-Landesfürsten auf Abstand zu der Idee gegangen sind. Unter altgedienten Transatlantikern in der Union hat Angela Merkels Türkei-Kurs noch nie für große Begeisterung gesorgt. Sie wollen schon aus geopolitischen Gesichtspunkten die Türkei gerne stärker in die EU einbinden. Doch selbst bei vielen Türkei-Skeptikern in ihrer Partei hat sie es sich mit ihrem Liebäugeln mit einer Unterschriftenaktion verscherzt, weil diese darin ein für die Debatte denkbar ungeeignetes Mittel sehen.
Am schwersten aber wiegt: Wählerstimmen lassen sich mit einer solchen Aktion kaum gewinnen. Im Gegenteil, gerade in Großstädten wie Berlin oder im Ruhrgebiet bemüht sich die CDU schon lange um türkische Einwanderer als potenzielle Wähler. Eine Unterschriftenkampagne würde sie nur unnötig verprellen.
Dieser Aspekt dürfte alle Pläne, mit einer populistischen Kampagne auf plumpe Ressentiments zu setzen, endgültig zunichte machen. Das ist eine gute Nachricht. Doch das Thema ist damit nicht aus der Welt. Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage will immerhin eine Mehrheit von 59 Prozent der Bundesbürger eine Volksabstimmung zur Frage des EU-Beitritts der Türkei. Und wer die Leserbriefspalten deutscher Tageszeitungen liest, der weiß: Vorbehalte finden sich quer durchs gesamte politische Spektrum. Diese Türkei-Skeptiker werden nun sicher nicht alle bei der NPD unterschreiben. Aber die Union wird sich etwas Neues und Klügeres einfallen lassen müssen, um von solchen Bedenken zu profitieren. DANIEL BAX
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