BUSH VS. KERRY: DIE DUMPFHEIT DES PRÄSIDENTEN IST PROGRAMM : Kampf den schlichten Botschaften
Die letzte der drei Fernsehdebatten zwischen dem US-Präsidenten George W. Bush und seinem demokratischen Herausforderer John Kerry ist vorbei und damit der vorletzte Abschnitt im US-Präsidentschaftswahlkampf. Sicher scheint: Kerry hat die Debatten nutzen können: Bushs Vorsprung ist dahin – die Wahl ist offen.
Im Streit um die besseren Argumente hat John Kerry alle drei Debatten so eindeutig für sich entschieden, dass Bush und seine Wahlkampfstrategen in Sack und Asche gehen müssten. Doch für den Wahlausgang ließe das nur dann klare Rückschlüsse zu, wenn es in den USA um eine normale Wahl zwischen zwei Kandidaten ginge, die um Nuancen der Ausgestaltung des Mainstreams stritten. Dann würde der Wahlkampf tatsächlich um die Mitte geführt, um jene Wähler, die sich mal auf die eine, mal auf die andere Seite schlagen, ohne aber zu befürchten, dass mit einem Sieg der Gegenseite die Welt unterginge. Das aber ist diesmal anders – und der Verlauf der Debatten reflektierte erstaunlich deutlich die unterschiedlichen Wahlkampfstrategien der beiden Lager.
Während die Demokraten insbesondere ihre zahlreichen Unterstützer – von Michael Moore bis Bruce Springsteen und „Moveon.org“ – nutzen, um die liberale Kernwählerschaft an die Wahlmaschinen zu bewegen, bedeuteten für sie die Debatten tatsächlich den argumentativen Kampf um die Mitte. Anders die Republikaner: Fest im Griff ihres ultrakonservativen Flügels haben sie nur darauf gesetzt, einerseits den Präsidentschaftsbonus in Kriegszeiten zu nutzen und andererseits die eigene antiliberale Basis emotional zu mobilisieren.
Sie wollten Kerry als Gefahr für die USA brandmarken und möglichst oft die hart ideologischen Themen ins Spiel bringen: Abtreibung, Steuern, Homoehe, Waffenkontrolle. Wer das alles nicht will, muss Bush wählen, so die schlichte Botschaft. Und die hat Bush in den Debatten genauso vermittelt wie seine Schmutzkampagnenhelfer in den vergangenen Monaten. Bushs dumpfe Unreflektiertheit, die Kerry zum Debattensieg bei den Analysten verholfen hat, ist dabei nicht Fehler, sondern Programm. Eben deshalb sind die Wahlen so wichtig wie selten zuvor. BERND PICKERT