: Gedächtnis-Gen entdeckt
Das Gedächtnis kann man durch Training stark halten. Aber die Basis-Fähigkeit ist genetisch vorbestimmt. Forscher arbeiten an Gedächtnishilfen für alte Mäuse
Von dem, was täglich akustisch und visuell an Informationen auf uns einströmt, bleibt nur ein kleiner Bruchteil im Gedächtnis haften. Das ist durchaus normal und es ist sogar gut, dass das Gedächtnis nicht wie ein Computer alle Informationen unterschiedslos speichert. Entscheidend ist, wo und wie aussortiert wird. Leider ist dieser Prozess vom Menschen nicht steuerbar, er läuft sozusagen „automatisch“ ab. Das menschliche Gehirn ist dabei wie ein Muskel. Durch Training kann man es fit halten.
Aber auch die Vererbung spielt anscheinend eine Rolle. Aus Zwillingsuntersuchungen ist bekannt, dass die Leistungsfähigkeit des Gedächtnisses etwa zur Hälfte vererbt ist. Welche Gene dabei eine Rolle spielen, war bisher weitgehend unbekannt. Ein Forscherteam der Uni Zürich hat nun ein Gen entdeckt, das eng mit der Gedächtnisfähigkeit zusammenhängt: das so genannte Serotonin-2a-Rezeptor-Gen. Offenbar reguliert der Serotonin-2a-Rezeptor die Wirkung von Serotonin. Genetische Varianten dieses Rezeptors beeinflussen offenbar das Erinnerungsvermögen der Menschen. Diese Erkenntnis gewährt neue Einblicke in die Funktionsweise des menschlichen Gedächtnisses.
Das Magazin „Gehirn & Geist“ (Heidelberg, 2/2003) berichtet in seiner neuesten Ausgabe, wie die komplizierten Stationen des Erinnerns im Gehirn sind. Als Tor zum Gedächtnis erweisen sich der rhinale Cortex und der Hippocampus. Nur Informationen, die hier hindurch gelangen, können letztlich in den Neuronennetzen abgespeichert werden. Den Versuchen zufolge entscheidet sich bereits in den beiden ersten Sekunden nach Aufnahme einer Information, ob man sich später an sie erinnern kann oder nicht. Je mehr Nervenzellen hier in der ersten halben Sekunde an der Verarbeitung beteiligt sind, desto größer ist offenbar die Wahrscheinlichkeit, dass man sich später erinnert. Wie die Experimente zeigen, haben Vorkenntnisse bei der Gedächtnisbildung eine wichtige Funktion. Je vielmaschiger das Netz von Informationen und Erlebnissen bereits geknüpft ist, desto leichter bleibt ein „Fisch“ im Strom des Erlebens im Gedächtnisnetz hängen. Auch Gefühle spielen eine wichtige Rolle. Jeder weiß, dass Erfahrungen mit emotionalem Inhalt besser im Gedächtnis haften als Dinge, zu denen man keine besondere Beziehung hat.
Ins Langzeitgedächtnis kommen die Informationen meist erst Stunden später. Die Chance dazu steigert sich erheblich, wenn die Information einige Zeit nach der ersten Aufnahme wiederholt wird. Letztlich spielt die unbewusste Verarbeitung der Informationen im Schlaf eine entscheidende Rolle.
Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für experimentelle Medizin in Göttingen konnten im Gehirn von älteren Mäusen einen Ionenkanal so regulieren, dass die Lern- und Gedächtnisleistung der Tiere nicht sank. Verantwortlich für das abnehmende Erinnerungsvermögen ist ein Kaliumkanal im Hippocampus, einer für Lernen und Gedächtnis zuständigen Hirnregion. Regulierten die Wissenschaftler bei älteren Mäusen die SK 3-Produktion im Hippocampus gezielt herunter, konnten sie die Lern- und Erinnerungsfähigkeit der Tiere erhalten. Sollte es gelingen, den Kanal durch bestimmte Medikamente zu regulieren, würde dies neue Wege eröffnen, die Gedächtnisleistung älterer Menschen zu erhalten, erklärten die Experten. spon