: Ein Balkon wird kommen
Falls der VFL Wolfsburg im Mai Deutscher Meister werden sollte, wird es einen „Meisterbalkon“ am Rathaus geben. Fragt sich nur, wer den Balkon am Ende baut: Oberbürgermeister Rolf Schnellecke – oder ein Wolfsburg-Fan, der nicht mehr warten will
Wie andere Beobachter traut auch Ottmar Hitzfeld dem VFL Wolfsburg die deutsche Fußball-Meisterschaft zu. „Wolfsburg ist ein Favorit“, sagte der ehemalige Coach von Bayern München und jetzige Schweizer Nationaltrainer am Montag. Der VFL habe mehr Konstanz entwickelt. Das sei die Basis dafür, um den Titel mitspielen zu können. Wolfsburg und Bayern München, punktgleich hinter Tabellenführer Hertha BSC, treffen am Samstag in Wolfsburg aufeinander. DPA/TAZ
VON DANIEL WIESE
In der Bundesliga sieht es derzeit gut aus für den VFL Wolfsburg. Zusammen mit Bayern München steht der Verein auf Platz zwei hinter dem wankenden Spitzenreiter Hertha BSC Berlin. Acht Spieltage sind es noch. Danach könnte der Deutsche Meister VFL Wolfsburg heißen.
Für die Wolfsburger Fans wäre das sicher schön, es gäbe nur ein Problem: das Rathaus in Wolfsburg hat keinen Balkon. An sich ist das vielleicht nicht schlimm, schließlich steht das Rathaus dort schon 51 Jahre ohne Balkon. Nur: Wo soll die Mannschaft des VFL dann die Meisterschale hochhalten?
Schon immer in der Geschichte der Bundesliga ist die Mannschaft des Deutschen Meisters auf den Rathausbalkon gestiegen und hat von dort der Menschenmenge zugewinkt. In Wolfsburg wird das schwierig. „Ich hoffe auf Platz zwei, weil unser OB Schnellecke es nicht schafft einen Meisterbalkon ans Rathaus zu schrauben… und vom Dach aus kann ja keiner die Schale sehe“, schreibt ein User im „sportblog“ von T-Online.
Der fehlende Balkon hat dem VFL Wolfsburg schon den Spott der ganzen Liga eingetragen. 2004, als der VFL in der Bundesliga sogar kurz auf Platz eins stand, prahlte Bayern München-Manager Uli Hoeneß, wenn Wolfsburg Meister werde, wolle Bayern den Rathausbalkon spendieren.
Jetzt will Hoeneß von diesem Angebot offenbar nichts mehr wissen. „Das gilt jetzt nicht mehr“, zitierte Sportbild in ihrer gestern erschienenen Ausgabe den Bayern-Manager – und präsentierte gleich einen neuen Balkon-Sponsor: den Bauunternehmer Marian Pokuta. Auf einem Foto posiert er vor dem Wolfsburger Rathaus, vor sich einen Balkon in klein.
Pokuta ist in Wolfsburg kein Unbekannter, bereits beim letzten Höhenflug des VFL im Jahr 2004 hatte er angekündigt, den Meisterbalkon spenden zu wollen. „Wir sind der offizielle Balkon-Bauer“, behauptet Pokuta nun. Es müssten nur noch einige Details mit dem Oberbürgermeister abgestimmt werden, schließlich stehe das Wolfsburger Rathaus unter Denkmalschutz.
Pokuta zufolge soll der Balkon auf der Überdachung des Haupteingangs aufsitzen, die zehn mal fünf Meter würden reichen. Oben würde eine Glasbrüstung gebaut, die Konstruktion solle von Holzsäulen gestützt werden, wovon eine bereits fertig sei – blau angestrichen, passend zur Rathaus-Fassade.
„Nach jedem gewonnenen Spiel machen wir ein neues Teil fertig“, sagt Pokuta, der sich als Fan des VFL Wolfsburg bezeichnet. Er könnte sich sogar vorstellen, einen Meister-Balkon auf Dauer zu bauen. Der müsste dann aus Stahl sein, und „das geht nicht in ein, zwei Tagen“.
Im Wolfsburger Rathaus hält man sich in der Balkon-Frage bedeckt. Immerhin lägen noch einige Spiele vor dem VFL. Würde Wolfsburg aber wirklich Meister, müsse sich niemand Sorgen machen. „Die Stadt Wolfsburg würde in diesem Fall eine schnelle und gute Lösung finden“, teilt der persönliche Referent von CDU-Oberbürgermeister Rolf Schnellecke mit. „Denkbar“ sei dabei auch eine „provisorische Empore am Rathaus“. Konkrete Überlegungen gebe es bisher nicht.
Am Samstag erwartet Wolfsburg zunächst einmal den FC Bayern München – zuhause. Dort hat der VFL schon lange nicht mehr verloren. Danach ist man in Rathaus vielleicht ein Stückchen weiter.