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Archiv-Artikel

STAATSGELDER FÜR NAZIRADIO: ZU VIEL TOLERANZ IN DÄNEMARK Liberal bis zur Volksverhetzung

Der Beifall schwillt immer besonders an, wenn der Führer der Dänischen Nationaldemokratischen Bewegung bei der jährlichen Generalversammlung stolz eine aktuelle Zahl verkündet. Beim nächsten Mal wird er berichten können, dass das ihnen verbundene Radio Oasen für das Jahr 2004 eine Zahlung von 78.000 Kronen vom Kultusministerium erhalten habe. Und wenn sich dann ein aus Deutschland angereister Neonazi dafür bedankt, wie seine Kameraden wieder glänzend mit in Dänemark gedruckten Plakaten, Flugblättern und Büchern sowie frisch gebrannter White-Power-Musik versorgt wurde, ist auch der letzte Braune im Saal so richtig stolz auf sein Dänemark – der Oase für Neonazis.

Seit sieben Jahren schon leistet sich Dänemark das einzige staatlich finanzierte Naziradio der Welt. Da ist vom „rassemäßigen Hintergrund“ einer Kommunalpolitikerin mit ausländischer Abstammung die Rede, gehetzt wird gegen Schwule, AusländerInnen, Juden, Feministinnen, Linke, es gibt auch schon mal eine Lesestunde aus Hitlers „Mein Kampf“. All dies hatte keine oder allenfalls eine kurzzeitige Entziehung der Lizenz zur Folge – zu lasch ist die Antidiskriminierungsklausel, die das dänische Radiogesetz enthält.

Das Land ist stolz auf seine Freiheit der Meinungsäußerung, erst recht, seit die Deutschen das Land besetzten. Dänen rühmen sich gerne, die liberalste Gesetzgebung Europas zu haben. Doch Grund- und Menschenrechte kommen dabei zu kurz. Dazu passen die rassistischen und ausländerfeindlichen Ausfälle, für die sich die etablierten Parteien im letzten Wahlkampf kein bisschen schämten. Seit vor sieben Jahren erstmals Staatsgelder für das Naziradio flossen, gibt es in- und ausländische Proteste dagegen. Nun hat der Kultusminister erneut eine Gesetzesänderung versprochen. Aber ob das vor 2005 klappt – und damit die Finanzierung noch 2004 verhindert –, kann er nicht versprechen. Um das dänische Ausländerrecht zum schärfsten Europas zu machen, brauchte die gleiche Regierung übrigens nicht einmal drei Monate. REINHARD WOLFF