cdu-steuerpläne
: Einzelheiten stören nur

Besser könnte es für CDU-Chefin Angela Merkel derzeit kaum laufen. Seit die Vorsitzende vor einem Monat ihr vorsichtiges Taktieren aufgab und in einer großen Rede gegen alles Sozialdemokratische Position bezog, reiht sich – in Merkels eigenen Worten – Befreiungsschlag an Befreiungsschlag. Erst beschlossen die Parteigremien die Kopfpauschale für die Krankenkasse, gestern befürworteten sie überraschend einmütig den radikalen Merz-Tarif für die Steuer. Selbst bei der Steuerreform, vor drei Jahren noch Anlass für eine schmerzliche Niederlage, scheint die Ablehnungsfront im Bundesrat jetzt zu halten. Endlich wieder eine klare Linie, frohlocken die Christdemokraten. Vorbei die Zeiten, in denen eine orientierungslose Union das Geschäft der Regierung besorgte.

Kommentar von RALPH BOLLMANN

Fragt sich nur, wie lange das vorhält. Nicht nur bei der Steuerreform, wo auf das angekündigte Nein im Bundesrat ein Kompromiss im Vermittlungsausschuss folgen wird. Sondern vor allem bei den Großkonzepten für Gesundheit oder Rente, die sich mit den Namen Herzog oder Merz verbinden. Denn einig sind sich die Christdemokraten auf diesen Feldern nur deshalb, weil auch die Vertreter des Sozialflügels genau wissen: Solange die Partei nicht die Regierung stellt, wird der radikale Kurswechsel ohnehin nicht Wirklichkeit.

Schon jetzt schafft es die CDU nur mit Ach und Krach, die Unstimmigkeiten ihrer eigenen Konzepte zu übertünchen – etwa bei der Frage, wie die geplanten Steuersenkungen zu einem Staatszuschuss für die Kopfpauschale passen. Alsbald und jedenfalls noch vor der nächsten Bundestagswahl wird sie auch erklären müssen, warum sie den Spitzensteuersatz radikal ermäßigen, im Gegenzug aber hauptsächlich die Vergünstigungen für Klein- und Mittelverdiener streichen will. Denn die Dienstwagen oder Geschäftsessen der Selbstständigen wären von der Streichung aller Steuervergünstigungen gar nicht erfasst. Schließlich handelt es sich dabei schlicht um Betriebsausgaben.

Aber bevor sich solche Fragen überhaupt stellen, erfüllen die radikalen CDU-Konzepte lediglich einen taktischen Zweck. Die harte Linie soll dazu dienen, in den Verhandlungen mit Rot-Grün die Reformgesetze der Regierung zu verschärfen – und zwar so weit, dass dem Kanzler die eigene Mehrheit im Bundestag abhanden kommt. Von einem ernsten Bemühen um sozial ausgewogene Reformkonzepte ist dieses Kalkül weit entfernt.

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