gerrit weusthof, öko und priester
: Der Bürgermeister-Schreck

Dass er gegen das Kohlekraftwerk war, war von vornherein klar. Dass Pastor Gerrit Weusthof seine Meinung sagt – auch. Aber dass Dörpens Bürgermeister deshalb das Handtuch wirft, damit hat er nicht gerechnet.

„Da habe ich schon ein schlechtes Gefühl“, sagt Weusthof mit jenem flämischen Akzent, der mitunter Medienkarrieren in Deutschland fördert. Nicht verantwortlich ist er aber für die Schlagzeilen, die momentan die Lokalpresse dem 1939 bei Hengelo geborenen Geistlichen widmet. Die hat Bürgermeister Hermann Wacker am Mittwoch verursacht. Er nutzte nämlich den Rücktritt, um sich auszuheulen: Weusthof sei schuld. Dessen Verhalten habe ihn „persönlich schwer getroffen“.

Absurd. Denn es war ja so gewesen: Wacker hatte versprochen, gegen das Kohlekraftwerk einzutreten, es sei denn die örtliche Papierfabrik fordere dessen Bau. Die wollte keinen Meiler, Wacker aber dann doch. Weusthof vermutete also öffentlich es gebe „neue Argumente“. Die solle Wacker nennen. Sonst müsse er „zu seinem Wort stehen“.

Als „vernichtend“ will das Wacker empfunden haben – und legte das Amt nieder. Eine schrille Reaktion, auch weil Weusthof nicht Dörpen, sondern die Pfarrei St. Josef-im-Vosseberg zu Papenburg betreut. Seit 30 Jahren. Dort hat er sich als Pionier der sozio-ökologischen Bewegung einen Namen gemacht hat. Zum Beispiel mit dem Projekt „sozialer Ökohof“. Das hat er angeleiert. Am 2. Mai feiert das Projekt sein 20-jähriges Bestehen. Den Bioland-Hof bewirtschaften Menschen mit Behinderung, erwerbslose Jugendliche und Langzeitarbeitslose. Das Solardach liefert Strom, auch für die Kirche.

Klar hat das Weusthof bekannt gemacht. Und er weiß, im Emsland hat das Priester-Wort „eine gewisse Bedeutung“. Aber soll er deshalb zu allem Ja und Amen sagen? Er hält es für seine Aufgabe, das moralische Problem zu benennen, dass unser CO2 vor allem zu Lasten der Entwicklungsländer geht. Damit darüber nachgedacht wird. Und Lösungen gefunden werden. Nicht jedoch, damit Kirchturmpolitiker zurücktreten. Im Gegenteil. „Vom Nachdenken“, sagt Weusthof, „hält uns das doch nur ab.“ BES

GERRIT WEUSTHOF, 69, Priester, ökosozial engagiert, hat die Wirkung seiner Worte überrascht.  FOTO: PRIVAT