WOCHENÜBERSICHT: KONZERT
: Thomas Mauch hört auf den Sound der Stadt

Eigentlich muss man sich diese Zeilen hier einmal von einem schwarzen Rahmen umfangen vorstellen, um damit auch den rechten Pietätsraum zu haben, denn schließlich wurde am Montag im HAU das Ableben von Pop verkündet. Überbringer der traurigen Botschaft war Diedrich Diederichsen, der in seinem Vortrag zum theoretisch gut unterfütterten Schluss kam, dass da nichts mehr zu machen ist mit dem siechen Patienten. Jedenfalls nicht mit dem Pop im emphatischen Sinne, der immer wieder den jungen Menschen auf ihrem Weg in die Gesellschaft half, die richtige Renitenz zu finden, massenhaft, am Erleben von Popmusik. Damit, so Diederichsen, ist es vorbei, andere Kulturtechniken mögen diese Funktion von Pop beerben. Und nur aus reiner Gewohnheit heraus bleibt der Pop selbst einfach weiter da, als Klassizismus zum Beispiel, mit dem stilistische Sonderformen aus dem gut gefüllten Pop-Archiv recycelt oder in handwerklicher Präzision nachgearbeitet werden können, ohne darüber allerdings irgendwelche geschichtlichen Bezüge zu formulieren. Leere Posen. Auch in den kuscheligen Nischen des Indierocks lässt sich Pop noch nicht niederzwingen, und diese Musik von „angenehmen bürgerlichen Subjekten“ (Diederichsen) ist natürlich auch diese Woche in den einschlägigen kuscheligen Nischen zu haben, beispielsweise mit dem wuchtigen Existentialistenrock vom Projekt Transmit (mehr zu dem neuen Outfit von Tony Buck bei den Berliner Platten) am Sonntag im Live at Dot. Und was ganz Ruhiges, kommenden Freitag (der der Karfreitag ist) im Lido mit Alela Diane, bei deren aktuellem Album „To be still“ mancher schon was von Ausverkauf murrt, nur weil jetzt zum Zupfen an der Akustischen noch ein paar Geigenseufzer und ein bisserl Perkussion dazugekommen sind. Deswegen aber sind in diesen wirklich behutsamen Arrangements noch lange nicht die bezaubernden Momente zu überhören, wenn die Stimme der 25-jährigen Sängerin aus Portland in so eine Art Jodel kippt. In ihren Liedern, die kein Weird-, kein Anti- oder Sonstwas-Folk sind, sondern einfach die alte Holzklasse, aus der als Seitenarm von Pop mit einem doch eigenen Verständnis von Tradition seit den Sechzigern die schönsten Singer-Songwriter-Hütten gezimmert werden. Kann man als Rückzugsort vor allen Anfechtungen der Moderne hören oder einfach als die schön gearbeiteten Lieder, die sie nun mal sind. Weil man dafür auch die nötige Ruhe braucht, ist das Konzert von Alela Diane im Lido bestuhlt.

Projekt Transmit, Berlin Drum Trio, AsiPlus/Clayton Thomas: Live at Dot, So, 21 Uhr. 9 €

Alela Diane, William Elliott Whitmore: Lido, Fr, 10. April, 20 Uhr. VVK: 15 €