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Archiv-Artikel

Hardliner Ugurcu adé

Weil er künftig als Lehrer arbeitet, übergibt Denis Ugurcu den Vorsitz der Jungen Union an Malte Engelmann. Der verspricht Kontinuität, bekennt sich aber zu Schwarz-Grün als „Lieblingskoalition“

VON SEBASTIAN HOFF

Denis Ugurcu legt sein Amt nieder – nach eigener Darstellung, weil der 29-Jährige einen Job als Lehrer antritt. Am Samstag wählt die Junge Union (JU) Bremen deshalb einen neuen Landesvorsitzenden. Einziger Kandidat für die Nachfolge ist bislang der ein Jahr ältere Malte Engelmann. Der sitzt bereits, neben seinem Politikmanagement-Studium, für die CDU in der Bildungs- und in der Umwelt-Deputation. Ugurcu hat den hiesigen Nachwuchsverband der CDU seit 2006 angeführt und hatte sich erst im Februar in seinem Amt bestätigen lassen.

Vor drei Jahren war Ugurcu angetreten, um das Profil der Landes-JU zu schärfen. Allgemein waren diese Bestrebungen als Rechtsruck wahrgenommen worden. Obwohl selbst mit migrantischem Hintergrund hatte er sich vor allem mit Querschüssen gegen Ausländer und Migranten bemerkbar gemacht. Den Rat ausländischer Mitbürger bezeichnete er als „irgendeine Quasseltruppe“, das Ausländerwahlrecht lehnt er nach eigenem Bekunden „kategorisch“ ab, und „Anpassung“ hält er für „die beste Integrationspolitik“. Seine eigene Bilanz? Ihm sei es „gelungen“, so Ugurcu, „die Junge Union als sehr konservativen Verband zu formieren.“

Eine Einschätzung, die nicht alle teilen. Jens Eckhoff (CDU) zum Beispiel. Der Umweltsenator a. D., neun Jahre lang selbst JU-Vorsitzender, bescheinigt, dass unter Ugurcu „so mancher Quatsch“ aus der christdemokratischen Jugend gekommen und ihr Landes-Chef in der Mutterpartei „nur bedingt ernst genommen“ worden sei. „Mit Bestürzung“, so Jens Eckhoff, habe er das JU-Grundsatzprogramm zur Kenntnis genommen. Eins der Ergebnisse seiner Arbeit, auf die Ugurcu besonders stolz ist. Bei der Verabschiedung des Dokuments verkündete er gar, die politischen Hauptziele des Verbands seien damit „in Stein gemeißelt“.

Das ist, wenigstens in demokratischen Körperschaften, eine zu relativierende Ansage. Zwar betont auch der designierte Nachfolger Engelmann, es werde „keine massiven Verschiebungen der Grundlinien geben.“ Tatsächlich hat er bislang als stellvertretender Vorsitzender Ugurcus Ausritte mitgetragen. Und Konzepte wie Leitkultur, Warnschussarrest und Nationalstolz befürwortet auch er. Allerdings: Schon in der Innenpolitik driften die Ansätze auseinander. So hält Engelmann das Ausländerwahlrecht für „unproblematisch“. Auch den Fall Murat Kurnaz bewerten die beiden JUler auf markante Weise unterschiedlich. Während Ugurcu nie müde wurde, den auf Guantánamo inhaftierten Bremer auch nach seiner Freilassung noch als „verhinderten Terroristen“ zu verunglimpfen und seine Ausweisung zu fordern – was selbst dem damaligen Innensenator Thomas Röwekamp zu weit ging – lässt sich Engelmann mit den Worten zitieren: „Guantánamo hat kein Mensch verdient.“

Auch dass Eckhoff, der innerhalb der CDU als Befürworter der schwarz-grünen Option auftritt, sich von Engelmann „neuen Aufwind“ für die JU verspricht, kommt nicht von ungefähr. Denn während Ugurcu in den Grünen nur „liberale Spinner“ erkennen kann und in der FDP den natürlichen Partner seiner Partei sieht, klingen Koalitions-überlegungen bei Engelmann ganz anders. Zwar sitzt seine Mutter Monika Engelmann für die FDP im Ortsbeirat Mitte. Malte hingegen graut’s vor einem liberalen „Nachtwächterstaat“. Und wenigstens im Gespräch mit der taz schwärmt der angehende Politikmanager von der Option eines schwarz-grünen Bündnisses. Seine „Lieblingskoalition“ nennt er das mit dem „Potenzial zur Liebesheirat“. Auch, weil er sich von den Politikfeldern Soziales und Umwelt Zugang zu neuen Wählergruppen für die Christdemokraten verspricht. Standortpolitisch motiviert – und religiös: Ihm liege der „Schutz der göttlichen Schöpfung“ am Herzen, so Engelmann. Entsprechend hält er Atomkraftwerke für „nicht nötig und gefährlich“, wenn er auch davor zurückschreckt, deren sofortige Abschaltung zu fordern.