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Archiv-Artikel

Klopoesie

Klosprüche soll es schon in der Antike gegeben haben. Jedenfalls fand man sie bei Ausgrabungen altrömischer Städte wie Pompeji und Herculaneum. Ähnlich wie in der Moderne konnte man an den Latrinenwänden erfahren, wer wen liebte.

Vor etwa hundert Jahren nahm sich dann die Wiener Zeitschrift Anthropophyteia, zu deren Mitarbeitern auch Sigmund Freud zählte, der Poesie auf dem stillen Örtchen an. Dichterische Produktivität schrieb sie nicht nur der Ruhe hinter verschlossener Toilettentür zu. Sie mutmaßte auch, „dass die Luft der Latrine für viele Besucher etwas Inspiratorisches hat“.

Mittlerweile hat die Wissenschaft den Abort als Forschungsfeld entdeckt. Manch eine Toilette wird da wie ein Poesiealbum sprachwissenschaftlich analysiert. Und Psychologen untersuchen, welche Rückschlüsse die schriftstellerischen Hinterlassenschaften auf die Toilettenbenutzer zulassen.

Dass Toilettengraffiti geschlechtsspezifisch sind, hat der Wiener Psychologe Norbert Siegl herausgefunden. In seiner 1992 erschienenen Diplomarbeit „Geschlechtsspezifische Unterschiede hinsichtlich Häufigkeit und thematischer Inhalte bei Toilettengraffiti“ sagt er, Frauen kommunizierten in sehr persönlichem Ton mit ihren Nachfolgerinnen, an den Wänden der Herrentoiletten dagegen gehe es meist aggressiv und zynisch zu.

Da mittlerweile die Klos der Welt immer klinischer werden, hier ein Denkmal für gesammelte Lieblingssprüche von tazlern:

„Schreib den Witz nicht an die Wand – denn du hältst ihn in der Hand!“ „Graffiti“, Radolfzell, 1983

auf diesem klo sitzt ein geist, der jedem, der zu lange scheißt, von unten in die eier beißt … mich hat er nicht gebissen, denn ich hab ihn auf den kopf geschissen … Jugendzeltlager Wannsee, Berlin, 1967

Beware of the limbo dancers. o. A.

Some people come here to sit and think, I come here to shit and stink. Delirium“, Freiburg, Achtzigerjahre

Il aimait la mort, elle aimait la vie. Il vivait pour elle. Elle est morte pour lui. Blow up, Bonn, 2002

Come sit and shit and be merry.

Englisches Seminar, FU, Berlin

If you want to reach the sky, spread your wings and learn to fly.

Uni Bonn, 2002

Toilettenpapier beidseitig benutzen! Der Erfolg liegt auf der Hand. o. A.

… für die einen ist es Klopapier, für die anderen die längste Serviette der Welt. Odeon, Köln, Späte Neunziger

Manche Frauen sind wie Klopapier: Sie reiben sich an beschissenen Typen und sind hinterher die Angeschmierten. Cafe Malik, Münster, 1993

Ich bin froh, denn mein Po passt genau auf euer Klo. www.megageier.de

Tritt näher heran, er ist kürzer, als du denkst. eigentlich immer und überall

Navigare necesse ist – Schiffen ist notwendig. Internet

HIER VERGAMMELT EIN GENIE! – Du hast Recht, ich rieche auch was. www.schweinskramwitze.de

Keiner ist gemeiner als der Friedrichshainer. Berliner Kneipe, 1998

Alle reden über Verhütung. Nur Jutta wird Mutta. Kreuzberg, ?

Der Student geht so lange zur Mensa, bis er bricht. Nassemensa, Bonn

Ein Kuss ist, wenn zwei Lippenlappen heftig aufeinander klappen und dabei ein Geräusch entsteht, als wenn ’ne Kuh durch Scheiße geht. www.sms-sprueche.und-handy.de/klosprüche

Gott ist tot (Nietzsche). Nietzsche auch (Gott). Uni Bamberg, 2002

Here I’m sitting broken hearted,

tried to shit but only farted.

Kneipe Markgraf, Schwabach, 1998

Nur der Papst und ich sind unfehlbar.

Beim Papst bin ich mir allerdings nie ganz sicher. o.A.

Der Eber ist stets missgestimmt,

weil seine Kinder Ferkel sind;

nicht nur die Frau, die Sau alleine,

auch die Verwandtschaft, alles Schweine! www.unmoralische.de/klo

Gib doch zu, das war mal wieder das Beste, was du heute hinter dich gebracht hast ! Abaton, Hamburg, 2002

Menschen raus! Die Erde. www.kleber-net.de

Ich wollte nur mal sagen, ’s geht auch ohne interlekt. kommuniziert. Damenkloh, neue berliner initiative, Schönhauser Allee 157