Betr.: Romeo

Es soll Fußballer geben, die etwas davon verstehen, sich auch schauspielerisch in Szene zu setzen. Häufig wird aus der Rolle in Die Leiden des jungen W. wahlweise auch das Leiden der jungen X, Y oder Z, um mit gespieltem Schmerz die Bestrafung des Gegenspielers zu provozieren. Beim HSV wird nicht gegen einen Spieler, sondern für die Fans aufgeführt. Das Phantom vom Volkspark könnte so eine erfolgreiche Neuinterpretation des beinahe gleichnamigen Musicals von Andrew Lloyd Webber werden. Immerhin sahen 45.000 Zuschauer die Premierenveranstaltung. 53 Minuten lang war vom Hauptdarsteller nichts zu sehen – was entweder an seiner Körpergröße von knapp 1,70 Meter lag, oder aber an der geschickt gesetzten Dramaturgie des neuen HSV-Regisseurs Klaus Toppmöller. Der hatte erst eine halbe Stunde vor Spielbeginn den argentinischen Romeo mit „extra scharfen“ Mittelchen nach einer Bänderdehnung fitspritzen lassen. Weder die Größe (immerhin schon drei Kopfballtore) noch die Verletzung hinderten Romeo daran, die Zuschauer zu verzücken. Sechs Tore in den vergangenen vier Spielen machten die Vorstellung zum ersten Erfolg Toppmöllers. Hauptdarsteller Romeo will nun immer im undurchsichtigen Kostüm (siehe Foto) auf die Bühne gehen. Denn sehen muss er angesichts seines ausgeprägten Torriechers à la „Gerd Müller“ (Klaus Toppmöller) gar nicht mehr. Und die Zuschauer bekommen das unsichtbare Phantom sowieso nur zu Gesicht, wenn es jubelt. FOG/Foto: Bongarts