: Augen zu und durch
José Barroso, bald Präsident der EU-Kommission, bleibt stur. Der umstrittene Rocco Buttiglione soll das Innenressort behalten. Die Mehrheit im Parlament für die Kommission ist gefährdet
BRÜSSEL taz ■ Der designierte Präsident der EU-Kommission, José Barroso, hat gestern in einem Gespräch mit den Vorsitzenden der Fraktionen im Europaparlament Änderungen an seiner Mannschaft abgelehnt. Er verschloss sich Forderungen, dem umstrittenen italienischen Kandidaten Rocco Buttiglione das Innen- und Justizressort zu entziehen. Er weigerte sich auch, Zuständigkeiten wie Antidiskriminierungsfragen oder die Charta der Grundrechte einem anderen Ressort zuzuordnen.
Stattdessen kündigte er an, eine Arbeitsgruppe für Bürgerrechte und Gleichstellungsfragen innerhalb der Kommission zu gründen, die ihm direkt unterstellt sein soll. Weiter bestätigte er, dass die umstrittene Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes von ihrer eigenen Generaldirektion überwacht werden soll und sich bei Abstimmungen, wo sie in Interessenkonflikte geraten könnte, enthalten muss.
Barroso zeigte den Fraktionsvorsitzenden einen Brief Buttigliones an ihn. „Ich habe in keiner Weise beabsichtigt, die Gefühle von jemandem zu verletzen; insbesondere die von Frauen oder Homosexuellen. Worte, die emotional so aufgeladen sind wie das Wort ‚Sünde‘, sollten vielleicht nicht in der politischen Debatte verwendet werden“, räumt der Italiener ein. Er hatte in seiner Anhörung vor dem zuständigen Ausschuss Homosexualität als Sünde bezeichnet und seine streng katholische Einstellung zu Ehe und Familie betont. Buttiglione bot auch an, in Konfliktfällen zwischen Gewissen und seiner Pflicht als Kommissar Entscheidungen an einen Vertreter abzugeben.
Der Vorsitzende der sozialistischen Fraktion, Martin Schulz, nannte nach dem Treffen mit Barroso die Zugeständnisse „kosmetische Änderungen. Ich werde den Abgeordneten meiner Fraktion ein Nein empfehlen.“ Ähnlich reagierten die Grünen. Der Vorsitzende der Liberalen äußerte sich zurückhaltender. Graham Watson sagte, seine Gruppe müsse am Montag das weitere Vorgehen diskutieren. Sollte die liberale Fraktion tatsächlich für die Kommission stimmen, könnte Barroso genug Stimmen bekommen. Zusammen mit den Konservativen, den rechten Euroskeptikern und einigen fraktionslosen Abgeordneten, darunter drei rechtsradikale Abgeordnete vom Vlaams Blok (Belgien), wäre die erforderliche einfache Mehrheit erreicht.
DANIELA WEINGÄRTNER