christoph schultheis : Pfui Spinne, Product Placement!
Das ZDF ist ein sehr, sehr guter Sender und zeigt sich nun auch beim Thema Schleichwerbung total einsichtig
Man muss etwas nur „Kooperationsmodelle im Programmbereich“ nennen, und schon wird’s anstrengend, sich dafür zu interessieren. Dabei ist mit der interesseabtötenden Formulierung doch bloß gemeint, dass in der ZDF-Sendung „Wetten, dass …?“ zum Beispiel nicht nur Wettkandidaten und Wettpaten, sondern meist auch ein paar neue Autos und Mobiltelefone zu sehen sind. Oder dass dort mal derart oft ein Warsteiner-Logo ins Bild geriet, dass sich sogar Stefan Raab darüber lustig machte. Oder dass in der ZDF-Sendung „Unsere Besten – wer ist der größte Deutsche?“ immer wieder auch von der Galeria Kaufhof die Rede ist. Oder dass, wie erst kürzlich die Bild am Sonntag aufschrieb, im Studio des „ZDF-Morgenmagazins“ eine Tchibo-Kaffeebar herumstehe. Oder auch, dass, wie’s gestern die FAZ für erwähnenswert hielt, der frisch gebackene Memoiren-Händler Boris Becker derzeit „innerhalb von acht Tagen insgesamt sechsmal in drei verschiedenen ZDF-Sendungen“ sitze.
So sieht’s nämlich aus: Da ist irgendwo von „Kooperationsmodellen im Programmbereich“ die Rede, aber gemeint ist eigentlich ein Boris Becker! Und das macht die Sache doch schon viel interessanter, oder? Aufmerksame Leser haben aber vielleicht auch festgestellt, dass die anfangs aufgezählten Beispiele allesamt was mit dem ZDF zu tun haben. Und das ist kein Zufall. Im Gegenteil macht das die Angelegenheit womöglich ganz besonders skandalös: „Pfui Spinne!“, möchte man da dem guten, alten, gebührenfinanzierten, öffentlich-rechtlichen ZDF zurufen und seine schönen „Kooperationsmodelle“ viel lieber „Irrwege“ nennen. Oder „Sackgassen, Niederlagen, Fehlleistungen, gerade im umstrittenen Unterhaltungsbereich“. Oder „Grenzwanderungen mit riskanten Absturzgefahren“ … Aber das muss man gar nicht. Denn das hat der ZDF-Chef schon selbst getan, kürzlich, auf einer Tagung in Mainz: „Irrwege“, „Sackgassen“, „Grenzwanderungen“ – all das hat ZDF-Intendant Markus Schächter da in Mainz wortwörtlich eingestanden. Und natürlich Besserung gelobt. Und außerdem als Zeichen seines guten Willens bekannt gegeben, dass sein Sender „ab Anfang 2004 keine medizinisch-pharmazeutischen Kooperationen mehr eingehen“ werde, was gewiss löblich, vor allem aber deshalb interessant ist, weil der Pakt mit der Pharmaindustrie bislang den wenigsten ZDF-Zuschauern bekannt gewesen sein dürfte.
Und so werfen die Schächter’schen Eingeständnisse doch eigentlich nur die Frage auf, mit wem das ZDF denn wohl noch so alles kooperiert? In dieser Kolumne beispielsweise wurde der Sender immerhin elfmal namentlich erwähnt – und kam dabei zuletzt doch ganz gut weg, oder nicht?