Jetzt will Wolfgang Clement die Chip-Fabrik

Der Bundeswirtschaftsminister gibt dem Werk in Frankfurt (Oder) plötzlich doch noch eine Chance. Experte skeptisch

BERLIN taz ■ Wolfgang Clement setzt auf Chips. Laut Wirtschaftsministerium will die Bundesregierung die 650-Millionen-Euro-Bürgschaft für die geplante Chipfabrik in Frankfurt (Oder) nun doch genehmigen. Voraussetzung sei aber ein nachgebessertes Konzept, sagte ein Sprecher. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) hatte dem Tagesspiegel gesagt, er sehe jetzt „Chancen, dass wir zu einem positiven Ergebnis kommen“.

Die Bundesregierung soll einen 650-Millionen-Kredit der niederländischen Bank ABN Amro für das 1,3 Milliarden Euro teure Werk mit einer 80-Prozent-Bürgschaft absichern. Vertreter von Bund und Land Brandenburg beraten darüber seit Wochen. Bisher stand Clements Ministerium der Fabrik skeptisch gegenüber. Gutachten bezweifelten die Wirtschaftlichkeit des Projekts. Es schien zu groß, zu teuer und der Markt zu unsicher. Dazu kommt, dass der Haupteigentümer der Fabrik gar keine Fabrik will. Das Emirat Dubai möchte nur die in Frankfurt entwickelte Chiptechnologie. Weil das Land Brandenburg aber den Verkauf untersagt hatte, musste Dubai eine Fabrik bauen, um an das Know-how zu kommen. Eine fällige Rate von 105 Millionen Dollar hat das Emirat nicht überwiesen.

Clement hat seine Meinung geändert, weil es nun einen neuen Businessplan gibt. Den hat Fabrikbetreiber Communicant mit der Gutachterfirma Gardener und ABN Amro ausgearbeitet. Laut einem Ergebnispapier, das der taz vorliegt, soll die Fabrik kleiner werden. Insider sprechen davon, die Kosten um 10 Prozent zu senken. Statt 1.300 Menschen sollen noch 1.000 in der Fabrik arbeiten. Außerdem werden weniger Produktionseinheiten installiert – mit der Option, später aufzustocken. Dafür muss auch weniger Kredit aufgenommen werden.

„So wird die Region verschaukelt“, meint Herman Ribhegge. Der Professor für Wirtschafts- und Sozialpolitik an der Frankfurter Europa-Universität hält die vorgebliche Kehrtwende des Wirtschaftsministeriums für unseriös. „Zwischen der skeptischen Gardner-Studie und dem neuen Businessplan für ein so riesiges Projekt sind keine zwei Wochen vergangen“, so Ribhegge. „Da soll aus einem wirtschaftlich nicht tragfähigen Konzept plötzlich ein Erfolgsplan geworden sein?“ Außerdem vermutet Ribhegge, dass die EU-Kommission die geplanten Beihilfen für die Fabrik neu berechnen oder über das Projekt als Ganzes noch einmal neu abstimmen muss. „Das dauert dann wieder. Die Politik traut sich doch nur nicht, die Wahrheit zu sagen.“

„Wir haben Tag und Nacht am neuen Plan gearbeitet“, sagt Communicant-Sprecher Wulf Buscher. Außerdem habe man viele Vorschläge Gardners einfach übernommen. Laut dem Ergebnispapier will Communicant seine Produktion jetzt an den von Gardner vorausgesagten Marktdaten ausrichten und mehr auf Chipdesign setzen. Das stößt beim Bund auf Wohlwollen. Bei einem Treffen mit den Managern sprach Wirtschaftsstaatssekretär Alfred Tacke von guten Fortschritten. Eine Entscheidung über die Fabrik fällt Anfang nächster Woche. DANIEL SCHULZ