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Archiv-Artikel

Die Bundeswehr macht Platz

Im Zuge der Bundeswehrreform sollen bis zu 110 Standorte geschlossen werden, auch nordrhein-westfälische Kommunen wären davon betroffen. Experte: Strukturwandel als Chance begreifen

VON ULLA JASPER

Rund 15 Jahre nach Ende des Kalten Krieges setzt sich auch bei der Bundeswehr die Erkenntnis durch, dass Panzerdivisionen, noch dazu wenn sie in Düsseldorf stationiert sind, strategisch kaum noch notwendig sind. Es mehren sich deshalb die Anzeichen, dass Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) Anfang November unter anderem die Verkleinerung des Standorts der siebten Panzerdivision bekannt geben wird.

Davon betroffen wäre nicht nur der Düsseldorfer Standort, sondern ebenso die Kasernen im sauerländischen Hemer, in Ahlen sowie im ostwestfälischen Augustdorf. Details der aktuellen Pläne des Verteidigungsministeriums kennt man dort zwar noch nicht, doch die Kommunen geben sich kämpferisch: „Wir werden alles tun, um den Standort zu erhalten“, erklärt Sabine Ebbinghaus, Pressesprecherin der Stadt Hemer. Sie verweist darauf, dass es „einige Argumente“ für den Standort Hemer gebe. So seien erst kürzlich die Kasernen modernisiert worden.

Doch auch Ebbinghaus räumt ein, dass die Schließung des Standorts, an dem nur noch 38 Zivilisten zusammen mit rund 1.000 Soldaten arbeiten, für die Kommune nicht zu einer wirtschaftlichen Katastrophe werden muss. Schon 1970, nach dem Abzug der kanadischen Truppen, habe man vor der Herausforderung gestanden, die Militärflächen umwandeln und neue Arbeitsplätze schaffen zu müssen. Die so genannte Konversion sei erfolgreich gewesen, „heute haben wir dort Gewerbeflächen für mittelständische Betriebe“, so Ebbinghaus.

Unterstützt wurde die erste Phase der Konversion nach dem Ende des Kalten Krieges mit Sondermitteln des Landes und der EU, die für die Umwandlung militärisch genutzter Flächen sowie die Schaffung alternativer Arbeitsplätze zwischen 1990 und dem Jahr 2000 zusammen rund 650 Millionen Euro bereitgestellt haben. Heute fließen aus diesen Töpfen jedoch keine Gelder mehr. Dennoch glaubt Lars Wirkus vom Internationalen Konversionszentrum (BICC) in Bonn nicht, dass die Standortschließungen für die Städte und Gemeinden dramatische Auswirkungen haben werden. Zwar sei es gerade für Kommunen im strukturschwachen und ländlichen Raum nicht leicht, kurzfristig eine zivile Folgenutzung der Militärstandorte zu etablieren.

Doch andererseits bedeute der Strukturwandel „für viele Kommunen eine Chance auf einen wirtschaftlichen und städtebaulichen Neuanfang“. Wirkus kritisiert deshalb die reflexhafte Reaktion vieler Kommunalpolitiker, „zu klammern und der Bundeswehr hinterherzurennen“. Er verweist auf das Beispiel Wuppertals, wo erst durch die Freigabe vormals militärischer Liegenschaften neue, dringend benötigte Gewerbegebiete erschlossen werden konnten. „Und viele Bürger sind ja vielleicht auch ganz froh, wenn ein Fliegerhorst in ihrer Stadt geschlossen wird“, merkt er lakonisch an.