american pie: Clash der Giganten als Olympia-Ersatz
Die Major League Baseballwill ihre internationale Expansionmit einem World Cup der besten Nationalteams fördern
Wenn sich Sportfans aus den USA über den ach so ereignisarmen Fußball belustigen, kontern Europäer meist mit Baseball. Da treffe schließlich manchmal überhaupt niemand einen Ball. Umso kurioser, dass sich die Funktionäre der Major League Baseball (MLB) nun ausgerechnet den Fußball zum Vorbild erkoren haben. Beeindruckt von der Faszination, welche die Fußball-Weltmeisterschaft in allen Teilen des Globus hervorruft, haben sie die Idee eines eigenen World Cups entwickelt.
Zusätzlichen Auftrieb erhielt das Projekt dadurch, dass die USA kein Baseball-Team zu den Olympischen Spielen 2004 nach Athen senden werden. „Ich bin betrübt“, kommentierte MLB-Commissioner Bud Selig das Scheitern der aus Minor-League-Akteuren zusammengestellten Mannschaft in der amerikanischen Qualifikation in Panama. Immerhin hatten die USA noch 2000 in Sydney sensationell das hoch favorisierte Kuba geschlagen und Gold geholt. In Panama zeigte sich jedoch, warum es im Baseball sinnvoll ist, Serien zu spielen statt einzelne Ausscheidungsmatches. Im Viertelfinale unterlagen die USA, die bei ihren drei Vorrundensiegen keinen einzigen Run zugelassen hatten, mit 1:2 gegen Mexiko, das alle drei Gruppenspiele verloren hatte und nur wegen Nichterscheinens der Bahamas noch im Turnier war. Eine starke Leistung des einstigen Mets-Pitchers Rigo Beltrán bedeutete das Aus für die USA, am Ende qualifizierten sich Kuba und Kanada für Athen.
Ein harter Schlag für die Major League Baseball, die spät, aber zügig dem Weg von NBA und NFL zu internationaler Expansion folgen möchte. So soll der Saisonstart nächstes Jahr mit zwei Teams in Japan erfolgen, nachdem ein derartiges Projekt in diesem Jahr wegen des Irakkrieges abgesagt wurde. Die Montreal Expos werden möglicherweise 22 Spiele im mexikanischen Monterrey austragen, und für 2005 ist angedacht, Saisonmatches in Europa zu spielen, etwa in Rom. Von Olympia hatte man sich einen Popularitätsschub erhofft, auch wenn Selig einen Auftritt der besten Profis dort langfristig ausschließt. Zu gravierend sind die Überschneidungen mit der MLB-Saison. Immerhin hatte der gerade in den Ruhestand gewechselte Yankees-Pitcher Roger Clemens mit dem Gedanken gespielt, in Athen noch ein paar Bälle zu werfen. Stattdessen könnte der Ausfall der USA die Pläne im IOC nähren, Baseball wieder aus dem Programm zu streichen.
Auch das spräche für den projektierten World Cup. Stattfinden soll dieser erstmals im März 2005 mit bis zu 16 Teams in vier bis acht US-Stadien. Das Debakel von Panama zeigt nach Meinung von Selig, dass die anderen Nationen aufgeholt haben und ein solches Turnier nicht unbedingt an der Dominanz der US-Cracks ersticken würde. Japan könnte schließlich Major-League-Stars wie Hideki Matsui oder Ichiro Suzuki aufbieten, die Dominikanische Republik einen Pedro Martinez oder Sammy Sosa, Puerto Rico einen Ivan Rodriguez. Nicht zuletzt könnte es zu einem Clash der Giganten kommen, wie einst beim Canada Cup im Eishockey zwischen Kanada und der UdSSR: die besten Baseball-Spieler der USA gegen die besten aus Kuba. Die sind kürzlich – weitgehend unbeachtet – wieder einmal Weltmeister geworden. Ein Titel, den im übrigen auch World-Series-Gewinner Florida Marlins für sich reklamiert. MATTI LIESKE
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