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Archiv-Artikel

Paris-Berlin: Werben für Ankara

Beim deutsch-französischen Gipfel sichern Schröder und Chirac der Türkei ihre Unterstützung für den EU-Beitritt zu. Nebenbei wird ein Airbus-Geschäft unterzeichnet

BERLIN dpa ■ Bundeskanzler Gerhard Schröder und Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac wollen trotz der Widerstände in beiden Ländern die Türkei auf dem Weg in die EU unterstützen. Beim deutsch-französischen Gipfel gestern in Berlin stimmten beide Regierungen dem von der EU-Kommission vorgelegten Fortschrittsbericht zu, der im Dezember einen EU-Gipfelbeschluss für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei vorsieht. Besonders in Frankreich, aber auch in Deutschland gibt es Vorbehalte gegen eine Vollmitgliedschaft der Türkei. In Frankreich wird es eine Volksabstimmung geben.

CDU-Chefin Angela Merkel kritisierte das Treffen von Schröder und Chirac mit dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan scharf: „Ich halte das demonstrative Treffen für ein falsches Signal.“ Es werde jetzt „viel Eile gezeigt“. Merkel forderte eine bessere Information der Bürger über die Konsequenzen eines EU-Beitritts der Türkei. CSU-Landesgruppenchef Michael Glos trat für eine Volksabstimmung ein. Der CDU-Außenpolitiker Wolfgang Schäuble forderte Schröder und Chirac zum „ehrlichen Umgang“ mit der Türkei auf. Eine volle Mitgliedschaft würde eine politische Union „dramatisch verschlechtern“ oder zerstören.

Schröder, Chirac und Erdogan wollten im Kanzleramt die Beitrittsfrage besprechen. Äußerer Anlass ist die Unterzeichnung eines Milliardenvertrags für den Verkauf von 36 Airbussen an die staatliche türkische Airline.

Nach Angaben aus deutschen Delegationskreisen fand Schröders Sieben-Punkte-Programm für mehr Wachstum und Beschäftigung in der EU weitgehend Zustimmung. Das Konzept zielt auf einen massiven Ausbau des EU-Binnenmarktes ab, um sein Wachstumspotenzial mit 450 Millionen Einwohnern besser auszuschöpfen. Ziel ist es, die EU zum stärksten Wirtschaftsraum der Welt zu machen.

Zuvor hatten die Wirtschaftsminister Wolfgang Clement und Nicolas Sarkozy ihre Differenzen in der Industriepolitik ausgeräumt und Zusammenarbeit „auf das Engste“ vereinbart. Die Spannungen entstanden unter anderem, weil Sarkozy die Übernahme des deutsch-französischen Pharmakonzerns Aventis durch Sanofi unterstützt hatte.