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Archiv-Artikel

steffen grimberg Großdeutscher Rundfunk

Geht endlich ein Ruck durch die Medienpolitik? Oder ist der Vorstoß von Stoiber & Co ein Angriff auf das duale System?

Ach herrje! Da ist man ein paar Tage in England und gewinnt dabei fast unsere eher unterbelichtete deutsche Medienpolitik lieb.

Doch bei der Wiedereinreise in die deutsche Republik dann das: Steinbrück (SPD), Stoiber (CSU) und Milbradt (CDU) „reformieren“ den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, ja gleich das ganze duale System. „Die Berechtigung entfällt“, heißt so was dann im Sendbrief der Drei von der Tankstelle. Die „Berechtigung“ zur Staatsferne der Öffentlich-Rechtlichen ist ja spätestens seit der Unions-Personalpossen beim ZDF im vergangenen Jahr „entfallen“, steht dummerweise aber immer noch im Grundgesetz. Hier hätten die Herren dann doch ebenfalls klar Schiff machen sollen: „Die Berechtigung zur Selbstverwaltung und Selbstkontrolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks entfällt. Das Nähere regelt Herr Söder von der CSU-Medienkommission.“

Man könnte nun alles für einen schlechten Witz halten, wenn hinter dem Papier lediglich die medienpolitischen Sprecher der beteiligten Parteien steckten, die an hanebüchener Ahnungslosigkeit schwer zu übertreffen sind. Doch es sind die Ministerpräsidenten von NRW, Bayern und Sachsen in einer länder- wie parteiübergreifenden medialen Großkoalition. Und damit sie nicht den Anschluss an die Herren verliert, hoppelt jetzt auch noch die in medialen Dingen eher unauffällige schleswig-holsteinische Regierungschefin Heide Simonis (SPD) hinterher.

Natürlich ist eine Bestandsaufnahme und Neudefinition des dualen Systems aus Kommerzsendern und Öffentlich-Rechtlichen nötig. Ganz unabhängig von der gegenwärtigen Werbekrise, die übrigens auch nur eine der beiden großen kommerziellen TV-Familien, nämlich ProSiebenSat.1 – so richtig beutelt. Und tatsächlich müssen die Rundfunkgebühren nicht schon wieder erhöht werden.

Doch die Neuordnung von SSM-Gnaden führt zum Gegenteil: uneingeschränkte Solidarität mit ARD und ZDF, die seelenruhig zum Bundesverfassungsgericht traben können (und dies in Gestalt von SWR-Intendant Voß bereits angekündigt haben). Karlsruhe macht dann endlich wieder einmal Medienpolitik. Und die Öffentlich-Rechtlichen können auf der Woge allgemeiner Empörung unter allen vernünftigen Ansätzen souverän durchtauchen.

Vielleicht ist dies alles am Ende auch bloß eine Reaktion auf den neuen ProSieben-Besitzer Haim Saban, der Edmund Stoiber vor ein paar Wochen gebeten hatte, sich das mit ARD und ZDF noch mal anzuschauen. Eben das, was Medienpolitiker in Deutschland als Einziges können: Standortpolitik. Darauf einen kräftigen Schluck aus der Gebührenpulle!