: Schöner bauen mit Degussa
Trotz seiner NS-Vergangenheit bleibt das Chemie-Unternehmen am Bau des Holocaust-Mahnmals beteiligt. Ohne Degussa hätte das Denkmal 2,3 Millionen Euro mehr gekostet
BERLIN taz ■ Das Holocaust-Mahnmal in Berlin wird mit Beteiligung der Chemiefirma Degussa weitergebaut. Das entschied das Kuratorium der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas gestern Abend in Berlin. Bundestagspräsident und Stiftungsvorsitzender Wolfgang Thierse sagte zur Begründung, bereits jetzt sei ein von Degussa produziertes Mittel als Betonverflüssiger im Fundament verbaut. Außerdem sei mit der Bayer AG als Nachfolge-Unternehmen der IG Farben noch eine weitere Firma mit NS-Vergangenheit am Bau beteiligt. Thierse: „Ein bisschen Degussa geht nicht.“
Der Bundestagspräsident sagte nach der Sitzung weiter, es seien „eher praktische Gründe“ gewesen“, die das 22-köpfige Kuratorium zu seiner „mit klarer Mehrheit“ getroffenen Entscheidung bewogen hätten. Ohne Degussa, so Thierse, sei vermutlich weder der Zeit- noch der Finanzrahmen für das Mahnmal einzuhalten gewesen. Die Debatte um die Beteiligung von Degussa solle auch am Mahnmal dokumentiert werden. Die Diskussion solle als „Teil des Denkmal-Prozesses“ begriffen werden.
Nach einem internen Papier an die Kuratoren wären die Kosten für den Graffiti-Schutz ohne das Degussa-Mittel Protectosil um 2,34 Millionen Euro gestiegen. Das Kuratorium hatte sich bei seiner letzten Sitzung für einen Ausschluss des Frankfurter Chemiekonzerns entschieden, weil eine Degussa-Tochter in der Nazizeit Zyklon B produziert hatte, mit dem in den Konzentrationslagern Millionen Juden umgebracht worden waren.
Im Vorfeld der gestrigen Sondersitzung des Kuratoriums im Reichstag hatte die Vorsitzende des Kulturausschusses des Bundestages, Monika Griefahn (SPD), gemahnt, dass der generelle Verzicht auf die Produkte von Degussa den gesamten Bau gefährden würde. Der CDU-Abgeordnete Günter Nooke sprach sich für eine Entscheidung für das Unternehmen aus. Schon vor dem Bau des Denkmals habe die Stiftung nach intensiver Diskussion entschieden, „dass wir sagen, es geht nicht anders, als dass man mit belasteten Firmen das wohl auch machen muss“, sagte Nooke.
Das Kuratoriumsmitglied Alexander Brenner, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, wollte Degussa außen vor lassen. Auch wenn man die schon beschichteten Stelen stehen lassen sollte, sei eine weitere Beteiligung von Degussa „Salz auf Wunden“ der Holocaust-Überlebenden und ihrer Angehörigen, so Brenner. PHILIPP GESSLER