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Archiv-Artikel

Familiäre Dramen

Kita-Loch kostet Eltern 700 Euro. FamilienPower: Stadt soll mit Trägern über Senkung der Pflegesätze reden

Der totale Kita-Gutscheinstopp des Senats bringt Familien in Bedrängnis. Das machten zwei Fallbeispiele des Elternvereins „FamilienPower“ gestern deutlich. Die allein erziehende Mutter Elske Veyl beispielsweise hat für den Kita-Platz ihrer fünfjährigen Tochter seit 1. November keine Folgebewilligung erhalten. Ihr Kind gilt somit bei der städtischen Vereinigung nur als „provisorisch betreut“.

„Laut Vertrag muss ich jetzt den vollen Satz von 750 Euro zahlen. Da ist mein Gehalt fast verfrühstückt“, erklärt die Arztsekretärin. Obwohl sie bereits im Juli die Bewilligung beantragte, schickte der Bezirk Eimsbüttel ihr nur eine „Antragsbestätigung“ mit dem Hinweis, der Gutschein werde „rückwirkend“ bewilligt, „sobald entsprechende Mittel verfügbar sind“.

Große Probleme, Beruf und Familie zu vereinen, hat auch Anwältin Stefanie Weber. Ab dem 1. November hätte die 34-Jährige in einer Niendorfer Kita einen Ganztagsplatz für ihre dreijährige Tochter Marie-Sophie. Doch als Erstantragstellerin hat sie wie 3.000 andere Eltern der Stadt keine Chance auf den Gutschein. Die Tochter ist notdürftig vormittags bei einer Tagemutter untergebracht. Weber sieht ihren beruflichen Wiedereinstieg in Gefahr: „Ich bin Anwältin für Familien- und Vertragsrecht. Da kann ich meinen Klienten nicht einfach sagen, ich muss um 14 Uhr gehen.“ Doch die einzige Alternative, die Nutzung eines Vier-Stunden-Rechtsanspruchsplatzes und der private Zukauf weiterer Stunden, kostet sie 673 Euro.

„Die Lage ist für die Familien dramatisch“, erklärte Matthias Taube von „FamilienPower“, der gestern einen Plan für „Aufräumarbeiten des Kita-Chaos“ vorstellte. So sollte das Gutscheinsystem „per Dienstanweisung“ gestoppt, die Plätze wieder nach der alten Methode zugewiesen und das Budget auf die Bezirke verteilt werden.

Ferner sollte die Behörde in „Krisenverhandlungen“ mit den Kita-Trägern zur Absenkung der Pflegesätze eintreten, die „exorbitant erhöht“ worden seien. Taube geht von „satten 50 Millionen Euro“ Mehreinnahmen aus, die die Träger als Kompensation dafür erhalten hätten, dass sie das wirtschaftliche Risiko allein tragen. Die Stadt sollte den Trägern entgegenkommen und das wirtschaftliche Risiko „zumindest teilen“, beispielsweise indem eingestellte Bauprogramme wieder aufgelegt wird. Sollten sich die Träger verweigern, müsste die Stadt die Verträge „bis spätestens Mitte Dezember“ kündigen. KAIJA KUTTER