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Archiv-Artikel

Südafrikanischer Käfer bedroht deutsche Bienen

Nach der Varroa-Milbe drängt der nächste Schädling in den Bienenstock. Importbeschränkungen sollen den Beutekäfer stoppen

Ein Parasit aus Südafrika versetzt Imker auf der ganzen Welt in Aufruhr: Seit Jahren richtet der kleine Beutenkäfer, auch Bienenstockkäfer genannt, in den USA, Ägypten und Australien Schäden von beängstigenden Ausmaßen an. Die drohende Ausbreitung der Plage nach Europa veranlasste in diesem Jahr auch hiesige Experten zum Handeln. Jetzt gibt es erste Erfolge: Die Bundesregierung hat in der EU einen Importstopp gefordert, dessen Umsetzung derzeit vorbereitet wird. Zudem hat das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Forschungsgelder für den Kampf gegen den kleinen Beutenkäfer zur Verfügung gestellt.

In seiner Heimat lebt der Schädling weitgehend koexistent mit den lokalen Bienen. Diese haben eine wirksame Verteidigungstaktik entwickelt. Dazu versuchen sie zunächst, das Eindringen des Käfers in den Bienenstock zu verhindern. Misslingt das, schließen sie den Käfer in Kammern ein und kleistern ihn mit Baumharzen zu. „Wächterbienen“ sorgen anschließend dafür, dass der Käfer aus seinem „Gefängnis“ nicht ausbricht.

Die europäischen Honigbienen jedoch können den Käfer nicht abwehren. Schlimmer noch: Sie unterstützen selbst die Verbreitung ihres Feindes, indem sie ihn füttern. Der Entomologe Peter Neumann (Halle) konnte nachweisen, dass die in Kammern eingeschlossenen Käfer die Wache haltenden Bienen mit ihren Antennen kitzeln und sie so animieren, ihnen Nahrung zu geben.

Das Hauptproblem sind jedoch die Käferlarven. An geschützten Stellen im Bienenstock geschlüpft, fressen sie alles, was eine Bienenbehausung hergibt. Damit zerstören sie den Wabenbau und hinterlassen Speichelfermente und Kot. Die Folge: Der Honig wird für Mensch und Biene ungenießbar.

Der Beginn des Desasters reicht in das Jahr 1996 zurück, als der kleine Beutekäfer in Florida (USA) entdeckt wurde. Wie er den Weg über den Ozean schaffte, ist noch ungeklärt. Gesichert ist aber, dass er sich durch Bienenwanderungen und den Handel mit Bienenvölkern und Bienenköniginnen innerhalb kurzer Zeit in ganz Nordamerika ausbreiten konnte. Einen Markt für Bienen gibt es indes weltweit: „Der Kauf von Paketbienen ist ein bequemer Weg für die Imker, ihren Völkerbestand wieder herzustellen“, sagt Thomas Radetzky, Vorstand des anthroposophisch orientierten Mellifera e. V. für wesensgemäße Bienenhaltung. Normalerweise dezimiert sich der Bestand nach dem Winter pro Jahr um maximal 15 Prozent. Doch seit in den 70er-Jahren die asiatische Varroa-Milbe eingeschleppt wurde, hat sich die Zahl vervielfacht. Zwischen 30 und 80 Prozent, so schätzen Experten, betragen seitdem die Verluste je nach Region.

Mit dem kleinen Beutekäfer drohen weiter sinkende Einnahmen und erhebliche ökologische Probleme: Die Dezimierung des Bienenbestandes bedeutet Ernteverluste bei Obstanbauern, eine Verarmung der Pflanzengesellschaften und Nahrungsmangel für Frucht und Samen fressende Tiere. Gründe genug für Thomas Radetzky mit anderen eine „Bienenstock-Kampagne“ zu initiieren. In kurzer Zeit sammelten die Aktivisten 47.000 Unterschriften von Unterstützern, richteten eine Fachtagung in Kassel aus und organisierten ein Expertentreffen der EU-Kommission. Das Ergebnis freut sie: Europaweit sollen ab 2004 Importe von Bienenköniginnen nur noch unter Auflagen möglich sein, Paketbienen und gebrauchtes Imkermaterial einem Einfuhrverbot unterliegen.

Vor kurzem musste der Mellifeira-Verein die Kampagne aus finanziellen Gründen einstellen. Aber die Gefahr, dass sich der Käfer ausbreitet, bleibt bestehen. Peter Neumann, weltweit einer der wenigen Experten, macht deutlich, dass ein Einfuhrverbot nicht reicht: „Der Käfer ist 2002 nach Australien gekommen, obwohl dort der Paketbienenimport streng geregelt ist.“ Er setzt deshalb auf die Erforschung ökologisch verträglicher Bekämpfungsmethoden. Dafür hat ihm das Verbraucherschutzministerium ein einjähriges Forschungsprojekt bewilligt. „Ohne Frage ein Schritt in die richtige Richtung“, sagt Neumann, „aber es muss mehr passieren. Der Bedarf ist immens.“

Was den Bienenstockkäfer betrifft, können die knapp 100.000 deutschen Imker vorerst aufatmen. Allerdings haben sie mit der Varroe-Milbe und der Überalterung ihres Berufsstandes ohnehin genug Probleme. Aber Schwarzmalerei gilt nicht. So fragt das Länderinstitut für Bienenkunde in Hohen Neuendorf auf seiner Homepage denn auch: „Wird Bienenhaltung mit zunehmendem Umweltbewusstsein vielleicht gar ein neuer Trend?“

PETER HERMANNS